„Krone“-Interview

Tom Gregory: Der Popstar, der die Kräfte bündelt

Wien
31.10.2023 09:00

Mit seinen radiotauglichen Pop-Songs voller Elektronik und Kooperationen mit Vize oder Lost Frequencies erobert der Brite Tom Gregory vor allem in unseren Breitengraden die Radios und Charts. Am 11. November spielt er im Wiener Gasometer. Wir haben mit ihm im Vorfeld über seine Heimat Blackpool, alte Freunde und Teamwork gesprochen.

Nur vermeintlich malerisch liegt Blackpool an der nordenglischen Küste direkt an der irischen See. Die 140.000-Einwohner-Metropole birgt mit dem „Blackpool Pleasure Beach“ zwar einen der größten Freizeitparks des europäischen Kontinents, gilt gleichzeitig aber auch als eines der größten Armenhäuser des Landes. Die Stadt gilt als soziales Notstandsgebiet und die durchschnittliche Lebenserwartung ist um zehn Jahre geringer als im Rest Großbritanniens. Im „Index Of Multiple Deprivation“ belegt Blackpool den 317. und damit letzten Platz. Doch die Musikhistorie weiß: Wo viel Industrie und Armut herrschen, dort entsteht auch höchste Kreativität. Zu den berühmtesten Söhnen der Stadt zählen etwa Pet-Shop-Boys-Hälfte Chris Lowe, der The-Cure-Kopf Robert Smith oder Police-Gitarrist Andy Summers. Selbst die US-Songwriter-Ikone Graham Nash erblickte hier das Licht der Welt.

Populär in der Fremde
In die Riege kreativer Blackpool-Köpfe reiht sich auch der 28-jährige Tom Gregory ein. Im Elternhaus liefen unter anderem Kool & The Gang oder James Taylor, ein Auftritt bei „The Voice UK“ vor genau zehn Jahren endete in der Vorrunde. Gregory ließ sich davon aber nicht verunsichern und arbeitete beharrlich an seiner Karriere. Mit seinem bekömmlichen, aber nicht kantenlosen Pop erobert er seit etwa fünf Jahren den - vornehmlich deutschsprachigen - Markt. Songs wie „Fingertips“, „Never Let Me Down“ mit Vize, „Rather Be You“ oder „River“ eroberten auch hierzulande die Single-Charts. Kurios, dass es ausgerechnet in seiner Heimat Großbritannien, dem Epizentrum für Pop- und Rockmusik, nicht so gut klappen will. „Ihr habt hier eine ganz andere Radiolandschaft“, erklärt er uns im „Krone“-Interview, „da kommen Künstler wie ich viel öfter vor. Daheim in Blackpool kann ich immer noch in Pubs gehen und vor 20 Leuten spielen, wenn ich Lust darauf habe.“

Ähnlich wie James Arthur oder Lewis Capaldi hat Gregory sein Musiklabel-Headquarter in Deutschland und nicht in seiner britannischen Heimat. Mit Deutschland verbindet ihn aber auch die Liebe. Seine Freundin war bei „Germany’s Next Topmodel“ und ihr zuliebe lebte er eine Zeit lang in Hamburg, zog aber wieder nach England zurück. Mittlerweile teilte er schon mit internationalen Großkalibern wie Jessie J. Will.i.am oder Tom Jones die Bühne und veröffentlichte mit „Heaven In A World So Cold“ und „Things I Can’t Say Loud“ zwei Alben, die aber beide in die Wirren der Pandemie krachten. Es ist vornehmlich den Erfolgen seiner Single-Auskoppelungen zu verdanken, dass aus dem angestrebten Karriere-Kickstart kein schuldloser Bauchfleck wurde. Die erzwungen ruhigen Jahre gaben Gregory aber die Chance, sich auf kreative Art und Weise auszutoben.

Teamwork makes the dream work
Beim Songwriting vertraut er lyrisch sich selbst, musikalisch dafür einem Team aus Vertrauten. „Ich bin niemand, der auf der Rückbank eines Tourbusses Songs schreiben würde. Ich brauche Ruhe, bestenfalls ein Studio und eine Stimmung, in die ich mich voll und ganz reinfallen lassen kann. Wichtig ist auch, nicht viel Musik zu hören. Ich will nicht wie die Kings Of Leon klingen, wenn ich sie vor dem Songwritingprozess zwei Wochen lang intensiv höre.“ Dass es ganz alleine nicht geht, hat er eingesehen. „Elton John braucht seinen Bernie Taupin und umgekehrt. Ich brauche mein Produktionsteam, dass mir dabei hilft, Songs und ein Album zu formen. Wenn man sich die Top-5 der amerikanischen Billboard-Charts so ansieht, wird man schnell bemerken, dass wahrscheinlich nur drei oder vier Songs in den letzten 20 Jahren nur von einer einzigen Person geschrieben wurden. Ich liebe es, die Kräfte zu bündeln und mit Gleichgesinnten gemeinsam an einem Strang zu ziehen.“

Wichtige Tipps erhielt er erst diesen Sommer bei einem Auftritt mit OneRepublic in Kärnten. „Ryan Tedder ist wahrscheinlich der wichtigste Pop-Songwriter unserer Zeit. Sein Tipp war, dass ich mich immer mit Leuten einlassen sollten, die besser sind als ich oder meinem Sound eine neue Farbe beimengen können.“ Zu seinen neueren Singles gehört etwa „Never Look Back“. Eine Ode an die Gegenwart und die Zukunft. „Ich adressiere diese Botschaft ein bisschen an mich selbst. Manche meiner alten Freunde halten mich jetzt wahrscheinlich für einen hochnäsigen Popstar und ich bin nicht so gut darin, alte Kontakte aufrechtzuerhalten. Das Musikbusiness ist fordernd und kann dich schnell verschlingen. Einige Dinge würde ich heute wahrscheinlich anders machen, aber ich bereue nichts.“ Neben den immer größeren Hallen, in denen Gregory auftritt, erfreuen ihn vor allem Nachrichten seiner Fans. „Wenn jemand wirklich Hilfe oder Inspiration aus meinen Texten ziehen kann, ist das das Schönste.“

Gleichbehandlung als oberes Gebot
Trotz der prekären Situation der Stadt ist Gregory längst wieder nach Blackpool zurückgezogen. Die Heimat helfe ihm dabei, eine gewisse Form der Demut zu behalten. „Es gab auch in unserer Familie eine Zeit, wo wir kein Geld hatten, aber dank der vielen tollen Verwandten ging es immer weiter. Ich habe jeden einzelnen Tag echte Armut gesehen. Schulkollegen hatten Löcher in ihren Hosen oder zu wenig zu essen. Das habe ich mir verinnerlicht und das hat mich geprägt. Daraus entstand nicht nur mein Arbeitsethos, ich behandle auch alle Menschen gleich. Ob du Amazon-Chef Jeff Bezos bist oder ein achtjähriges Mädchen, das ein paar Infos über Musik haben möchte, macht für mich im Gespräch keinen Unterschied.“ Nicht zuletzt tut die Heimat auch seiner kreativen Seele gut. „Ich hole mir ein Sandwich und einen Kaffee und bin voll im Arbeitsprozess. In London würde ich dauernd ins Kino gehen oder mich im Studio verunsichern lassen, wenn ein Grammy auf einem Piano steht.“

Live in Wien
Am 11. November ist Tom Gregory gemeinsam mit Picture This in seiner bislang größten Österreich-Show live im Wiener Gasometer zu Gast. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und alle weiteren Informationen zum explosiven Pop-Event.

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