In bewegten Zeiten fand der große dreitägige Gewerkschaftsgipfel in Wien statt. Die Kür der neuen Bosse zeigte die neue Macht der Vertreter der Arbeitnehmer. Die Wortwahl fiel dabei aber deftig-kompromisslos aus.
„Schampus saufen, aber Pensionen kürzen“, tönte der scheidende FSG-Vorsitzende Rainer Wimmer Richtung ÖVP. Sein Amt des sozialdemokratischen Gewerkschaftsbosses übernimmt Josef Muchitsch. Auch er nimmt sich die Kanzlerpartei zur Brust. Er fordert Arbeitszeitverkürzung und Vermögenssteuern. Schließlich begab sich Neo-SP-Chef Andi Babler ins Netz der Leidenschaft. Wie geknüpft für den feurigen Roten. „Ich bin stolz, Arbeiterkind zu sein. Wir werden alles fressen an Terminen. Damit die Leute mit uns gemeinsam marschieren. Rot ist wieder da.“
Nehammer warnt vor Marxismus
Auch Kanzler Karl Nehammer sprach. Er warnte zunächst seine Christgewerkschafter vor dem Marxismus, zu dem sich Babler neulich bekannte. Auch bei den Schwarzen gab es einen Wechsel. Romana Deckenbacher übernahm von Norbert Schnedl. Der Gipfel dauert noch zwei Tage. Er ist eine Demonstration der Macht. Vor allem auf roter Seite. ÖGB-Boss Wolfgang Katzian eröffnete nachmittags mit markigen Worten den 20. Kongress. Selten waren Gewerkschafter so gefragt wie aktuell.
Unter Schwarz-Blau kaum Einfluss der Sozialpartner
So sieht das auch Emmerich Talos, Professor für Sozialgeschichte. „Die Gewerkschaften als Teil der Sozialpartnerschaft spielen aktuell eine sehr starke Rolle. Bedingt auch durch Teuerung und Corona. Es zeigt sich, dass sozialpartnerschaftlich ausgerichtete Länder besser durch Krisen kommen.“ Die Kraft sei historisch gewachsen, wenn auch nicht konstant. „In der Ersten Republik war der Einfluss von Gewerkschaften überschaubar. Nach 1945, vor allem in den 60er und 70er Jahren besonders groß.“ Bis 1999 seien sämtliche arbeitsrechtlichen Gesetze durch Kompromisse der Sozialpartner entstanden. Politischer Einfluss ging verloren 2000 bis 2006 unter Schüssel und danach unter Kurz-Strache. „Unter Schwarz-Blau I wurden wenige Gesetze mit Sozialpartnern auf den Weg gebracht, unter Kurz-Strache null. Da war die Sozialpartnerschaft tot.“ Dabei sei sie ein international beachtetes Erfolgsmodell Österreichs.
So sah das später auch Nehammer in seiner Rede an alle. Und Bundespräsident Alexander van der Bellen. In seiner Rede sagte er mit einem süffisanten Seitenhieb auf Probleme mit Möbelhausketten: „Ohne Betriebsräte und Gewerkschafter geht’s nicht. Sie verhandeln und kämpfen für all jene, die sich nicht wehren können.“
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