Prozess in Graz

Hunderte Pflegerinnen „schwarz“ vermittelt

Steiermark
02.02.2023 15:25

Eine steirische Pflegeagentur soll 243 Betreuerinnen ohne Gewerbeberechtigung und Sozialversicherungsmeldung an Familien vermittelt haben. Am Donnerstag standen der Geschäftsführer und seine „rechte Hand“ in Graz wegen organisierter Schwarzarbeit und schweren Betrugs vor Gericht. Sie beteuern, nur aus Personalmangel so gehandelt zu haben. 

Österreich ist massiv von Pflegepersonal aus dem Ausland abhängig, gerade wenn es um 24-Stunden-Betreuung geht. Für zahlreiche Vermittlungsagenturen ist das auch ein einträgliches Geschäft. Im Fall einer steirischen Firma ging die Geschäftstüchtigkeit aber offenbar zu weit: Der Chef und seine „rechte Hand“ sollen aus Mangel an legalen Kräften 243 Pflegerinnen aus Bosnien und Serbien ohne Gewerbeberechtigung und Meldung bei der Sozialversicherung beschäftigt haben.

Es geht nicht um „kleine Fische“
Nach intensiven Ermittlungen der Finanzpolizei lautet die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf organisierte Schwarzarbeit und schweren Betrug. „Die Angeklagten ließen die Familien im Glauben, dass die Pflegekräfte angemeldet sind“, so die Oberstaatsanwältin beim gestrigen Prozessauftakt in Graz. „Es geht hier nicht darum, Pfleger zu kriminalisieren. Der Gesetzgeber will keine kleinen Fische bestraft sehen. Hier geht es aber um organisierte Form der Schwarzarbeit“.

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Es geht hier nicht darum, Pfleger zu kriminalisieren. Der Gesetzgeber will keinen kleinen Fische bestraft sehen. Hier geht es aber um organisierte Form der Schwarzarbeit.

Die Anklägerin der WKStA

Zudem brachten die Steirer auch Anträge auf Zuschüsse zur 24-Stunden-Pflege beim Sozialministerium ein und fälschten teilweise Unterschriften. „Um Zeit zu sparen“, wie der Erstangeklagte erklärte, was er im Nachhinein als „Leichtsinnigkeit“ bezeichnet.

„Aus Not heraus gehandelt“
Der angeklagte Geschäftsführer ist teilgeständig, betont aber, er habe „aus der Not heraus“ gehandelt, weil auf „legalem Weg“, etwa aus Ungarn oder Slowenien, einfach kein Personal mehr zu finden gewesen sei. Und die bosnischen Pflegerinnen seien bei den Familien sehr gut angekommen. „Wer den Markt kennt, weiß, dass die meisten Agenturen so arbeiten“, ließ der 43-jährige Betriebswirt aufhorchen.

Sein einstiger „guter Freund“ und Partner will nur Fahrer gewesen sein und habe erst spät Verdacht geschöpft: „Er hat mir mehrfach zugesichert, dass alle legal beschäftigt sind“. 200.000 Euro an Schwarzgeld soll der Chef erwirtschaftet haben. Seiner Ansicht nach waren es „nur“ rund 78.000 Euro.

Pikantes Detail: Verbucht wurde das Geld auf Listen, die mit „ÖVP“ oder „Sebastian Kurz“ tituliert waren - „Aus Spaß. Weil die ÖVP halt für ’schwarz’ steht“. Der Prozess wurde vertagt.

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