Gilt als „unerwünscht“

Faktisches Verbot für russisches Exilmedium Meduza

Medien
26.01.2023 21:06

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat das unabhängige Online-Medium Meduza am Donnerstag für „unerwünscht“ erklärt, weil dessen Arbeit eine „Bedrohung für die Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung und der Sicherheit Russlands“ darstelle. Die für das Portal tätigen Journalisten sind damit strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt - das kommt einem Verbot auf russischem Gebiet gleich.

Wenn Medienunternehmen in Russland als „unerwünscht“ eingestuft werden, drohen den für sie tätigen Journalisten bis zu vier Jahre Haft und den Betreibern bis zu sechs Jahre Haft. Selbst Menschen, die Meduza-Artikel in Online-Netzwerken verbreiten, könnten wegen der „Teilnahme“ an den Aktivitäten der Plattform juristisch verfolgt werden.

„Ausländische Agenten“
Im April 2021 hatte das russische Justizministerium Meduza bereits als „ausländischen Agenten“ eingestuft und so dessen journalistische Arbeit erschwert. Das beliebte russischsprachige Online-Portal war im März 2014 gegründet worden. Inzwischen liegt der Sitz von Meduza in Lettland, um staatlicher Zensur zu entgehen. In Artikeln von Meduza wird weitreichende Kritik am russischen Militäreinsatz in der Ukraine und der Repression gegen die russische Zivilgesellschaft geäußert.

„Wenn sie einen Kampf wollen, bekommen sie ihn“
In einer Erklärung forderte Meduza nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft die Menschen in Russland auf, seine Inhalte weiterhin zu nutzen. Das Portal versprach, dem staatlichen Druck zu widerstehen. „Wenn sie einen Kampf wollen, dann bekommen sie ihn auch“, lautete am Donnerstag der Tenor auf den Webauftritten des Mediums. „Wir würden jetzt gerne sagen, dass wir keine Angst haben und uns der neue Status egal ist - aber das ist nicht wahr“, hieß es. „Wir haben Angst um unsere Leser. Wir haben Angst um diejenigen, die seit vielen Jahren mit Meduza zusammengearbeitet haben. Wir haben Angst um unsere Angehörigen und Freunde.“

Unabhängige russische Journalisten brachten ihre Unterstützung für das Exilmedium zum Ausdruck und erklärten, die Kennzeichnung als „unerwünscht“ durch die Staatsanwaltschaft bedeute, dass Moskaus staatliche Propaganda nicht funktioniere. Zum ersten Mal versuche der russische Staat direkt, ein „Medium mit Millionen von Anhängern zu vernichten, die wichtigste unabhängige Quelle für Nachrichten und Geschichten für russischsprachige Leser“, erklärte die Zeitung „Nowaja Gaseta“.

Meduza-Chefin Galina Timtschenko vergangenen November im Gespräch mit Hillary Clinton in Washington, D. C. (Bild: APA/Getty Images via AFP/GETTY IMAGES/Anna Moneymaker)
Meduza-Chefin Galina Timtschenko vergangenen November im Gespräch mit Hillary Clinton in Washington, D. C.

Rücksichtsloses Vorgehen gegen Medien und Menschenrechtler
Seit Beginn der Offensive russischer Truppen in der Ukraine wurden in Russland Gesetze verabschiedet, die Kritik an staatlichem Handeln verbieten. Mehrere unabhängige russische Medien sahen sich gezwungen, ihre Tätigkeit aufzugeben oder das Land zu verlassen. Am Mittwoch ordnete ein Moskauer Gericht die Auflösung der Helsinki-Gruppe an, der ältesten Menschenrechtsorganisation im Land.

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