Massive Energiekrise

Felbermayr: „Gegendruck auf den Kreml erzeugen“

Politik
10.07.2022 22:39

Während in Österreich eine Debatte über eine mögliche Strompreisdeckelung entbrannt ist, wundert sich der Wirtschaftsforscher Gabriel Felbermayr am Sonntag, dass man bei den Überlegungen, die Belastungen abzufedern, nicht schon weiter ist. Es brauche vor allem eine gemeinsame europäische Initiative, so der Chef des Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Dass Europa von den Sanktionen stärker betroffen sei als Russland sieht Felbermayr jedoch nicht.

In den enormen Preissteigerungen für Energie sieht Felbermayr im Interview mit der ORF-„ZiB 2“, eine „Riesenbelastung“ für die Österreicherinnen und Österreicher. „Mich wundert, dass wir da noch nicht viel weiter sind“, zeigt er sich von der zögerlichen Reaktion auf die Preisexplosionen resigniert. Es gebe aber „ein paar Ideen“, um dem entgegenzuwirken.

WIFO-Chef: Brauchen „Einkaufskartell“
Der Wirtschaftsforscher hält dabei vor allem eine gemeinsame Kraftanstrengung der EU-Staaten für notwendig. Etwa durch eine gemeinsame Energiebeschaffung durch die Mitgliedsstaaten - mit einem solchen „Einkaufskartell“ könne man die Preise schließlich nicht nur gegen Russland, sondern etwa auch gegen andere Lieferländer, wie etwa Katar, drücken. „Wir müssen einen Gegendruck gegen den Kreml erzeugen“, erklärt er weiter.

Eine andere Idee wäre etwa, den Gaspreis zu subventionieren, wo er für den Strommarkt relevant ist - und damit das momentane Preisbildungsmodell der sogenannten Merit-Order etwas abschwächen. „Wenn wir dort die Preise runterbekommen, sinkt auch der der Preis für Typen von Strom, die nicht mit Gas produziert werden.“

„Freistrom“ könnte Energie sparen
Als Alternativvorschlag hält Felbermayr aber auch einen Anreiz zum Energiesparen für Sinnvoll. Konkret ginge das mit einem „Deckel auf Stromrechnungen“: Dabei würde etwa ein Haushalt ein gewisses Ausmaß an „Freistrom“ erhalten - etwa 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs -, für den Rest müsste man den Marktpreis bezahlen. Dies sei ein aktiver Anreiz, dass auch tatsächlich Energie eingespart werde, so Felbermayr.

Zweifel an Strompreisdeckel
Von einem generellen Strompreisdeckel, wie er derzeit debattiert wird, hält Felbermayr hingegen wenig. Durch staatliche Eingriffe würde die Problematik nämlich nur verschoben - dies zeige sich etwa am Beispiel des französischen Energieversorgers EDF, der nach einem ähnlichen Vorstoß nun staatlich subventioniert werden müsse.

„Ob man also mit einer behördlichen Vorgabe wirklich die beste Strategie fährt, bezweifle ich“, so Felbermayr.

Sanktionen treffen Russland sehr wohl
Dass die westlichen Sanktionen die EU härter als das eigentliche Ziel Russland, sieht der Wirtschaftsforscher definitiv nicht. Während es in Österreich etwa trotz Krise ein recht ausgewogenes Wirtschaftswachstum gebe, muss Russland wohl mit einem Verlust von acht bis zehn Prozent umgehen - zum Vergleich in der Eurozone wird mit einem Plus von etwa zwei Prozent gerechnet.

Sorgen müsse man sich aber wohl im Winter machen, denn „wenn tatsächlich kein Gas mehr kommen würde, könnte das letztlich eine Rezession auslösen“, mahnt Felbermayr.

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