Eingreifen gefordert

„Trittbrettfahrer“: Konzerne profitieren massiv

Politik
08.07.2022 15:45

Die Spritpreise steigen und steigen, noch höher gestiegen sind allerdings die Gewinnmargen für die Raffinerien der Mineralölkonzerne. Von einer Verdreifachung seit Beginn des Ukraine-Kriegs schreibt die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in einem aktuellen Bericht. Sie sieht eine „Entkoppelung“ am heimischen Treibstoffmarkt - allein mit höheren Kosten lassen sich die gestiegenen Spritpreise also nicht erklären. Die Opposition fordert Maßnahmen gegen die „Krisen-Trittbrettfahrer“.

Schon im März verdächtigte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) die Öl-Konzerne, sich „auf Kosten der Leute eine goldene Nase“ zu verdienen und rief die BWB wegen möglichen Maktversagens auf den Plan. Den Verdacht müssten die Unternehmen selbst ausräumen, erklärten die Kartellwächter nun in ihrem Bericht. „Es obliegt den Mineralölkonzernen den Beweis anzutreten, sollte sich die bei den Bruttoraffinierungsmargen beobachtete Entwicklung nicht auf die Unternehmensgewinne durchschlagen“, heißt es trocken. Die Regierung erwartet sich eine Erklärung, wie die Preise zustande kommen.

„Auf Krisen-Trittbrettfahrer reagieren“
Mehr erwartet sich die Opposition von der Regierung. Der stellvertretende Klubvorsitzende der SPÖ, Jörg Leichtfried, fordert von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) eine gesetzliche Preisregulierung für Treibstoffe. Kocher habe die Pflicht, „auf diese Krisen-Trittbrettfahrer zu reagieren“, so Leichtfried in einer Aussendung. Auch solle es für Strom, Gas, Treibstoffe und Mieten einen Preisdeckel und „die Abschöpfung von Übergewinnen“ geben.

Die Bundesregierung dürfe „nicht länger beobachten“ und auf Zeit spielen, betont dazu NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Es reiche nicht, nur aufzuzeigen, dass bei der Preisentwicklung der Treibstoffe etwas ganz gewaltig schiefläuft. Ein funktionierender Markt brauche eine funktionierende Aufsicht. Minister Kocher müsse auf Basis des Preisgesetzes die Preiserhöhungen mit der Marktentwicklung begrenzen.

Nehammer gegen Spritpreisdeckel
Auch der Autofahrerklub ARBÖ findet die Preisgestaltung bei Sprit „unverständlich“. Es entstehe der Eindruck, „dass die österreichischen Kraftfahrer „an irgendjemanden viel mehr bezahlen als notwendig. Da muss die Politik eingreifen und gegensteuern.“ Einen Preisdeckel schloss aber Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag im Nationalrat erneut aus. Bisher habe sich das im Kampf gegen die Teuerung in jenen Staaten, die es versucht hätten, nicht bewährt. 

FPÖ-Chef Herbert Kickl verlangt ein „schlüssiges und stimmiges Konzept für die nächsten Monate“. Er geht davon aus, dass der Hauptausschuss des Parlaments nächste Woche weitere Öl-Notstandsreserven freigibt. „Es wäre dann das dritte Mal der Fall, dass diese ,eiserne Reserve‘ angetastet wird“, so Kickl. Bei diesem Tempo der Abrufungen wären die Reserven noch vor dem Winter aufgebraucht - „und was passiert dann?“ Kickl verlangt von der Regierung daher eine Strategie statt „Dauergewurstel“.

Anstieg der Preise „nicht erklärbar“
Die Berechnungen der BWB zeigen, dass in der ersten Junihälfte gegenüber der Zeit vor Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar die um rund 36 Cent pro Liter Diesel und 41 Cent pro Benzin gestiegenen Spritpreise sich von den Rohölpreisen „entkoppelt“ haben. Diese stiegen nur um etwas mehr als rund 22 Cent pro Liter. Aus dem Anstieg der Rohölpreise sei der stärkere Anstieg der Treibstoff-Preise „nicht erklärbar“, so der Bericht.

Durch den Anstieg der Preise seien die Bruttoraffinierungsmargen um das Dreifache gestiegen. Diese seien die Grundlage der Gewinne der Raffinerien von OMV, ENI, Shell, BP und JET, davon müssten „noch andere moderat angestiegene Kosten abgezogen werden“, heißt es von der BWB.

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