„Spontaner Entschluss“

Zehntausende Russen zogen nach Armenien

Ausland
06.06.2022 11:42

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hat nicht nur die ukrainische, sondern auch die russische Bevölkerung ihr Land verlassen. Etwa 140.000 russische Staatsbürger sind nach Armenien gekommen, wobei ungefähr ein Drittel geblieben ist. Weitere Zielländer sind die Türkei und Georgien. Teilweise haben die Auswanderungen politische Gründe.

Insgesamt haben Zehntausende Russen seit Kriegsbeginn ihr Herkunftsland verlassen. Viele Landsleute hätten sich impulsiv entschlossen, auszuwandern, erzählte ein junger Russe namens Dima. Er betreibt gemeinsam mit seiner Frau seit April ein Lokal in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Hierher gezogen sei Dima nicht wegen der Politik, sondern weil seine Schwester in Jerewan verheiratet sei. Dass er vorerst bleiben möchte, hat aber doch eine politische Ursache. Als die Freiheiten immer mehr zurückgeschraubt worden seien, habe er erkannt, dass er noch nicht wieder nach Moskau zurückkehren könne.

Treffpunkt für junge Russen
Dimas Lokal ist bereits zu einem Treffpunkt für die jungen Russen und Russinnen in Jerewan geworden. Mehrere Gäste kommen mit ihren Laptops. Andere Russen und Russinnen in Armenien haben Firmen gegründet oder sind etwa als IT-Spezialisten und Spezialistinnen tätig. Ein Vorteil für sie ist, dass das Land an das russische MIR-Zahlungssystem angeschlossen ist, wodurch sie Zugriff auf ihr Geld haben. Darüber hinaus gilt Russland als Schutzmacht des Kaukasus-Landes mit drei Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen. „Russland ist für die Friedenserhaltung in Berg-Karabach sehr wichtig“, sagte der Berater des armenischen Außenministers, Vahan Kostanjan. Im Herbst 2020 hatten sich Armenien und Aserbaidschan wochenlang Kämpfe geliefert, bei denen mehr als 6500 Menschen ums Leben kamen. Russland vermittelte damals den Waffenstillstand, der aber bis heute nicht gänzlich eingehalten wird.

Krieg wirkt sich auf Region aus
Vom Krieg in der Ukraine ist auch in Armenien etwas zu spüren, wenngleich sich die Zahl der Flüchtlinge in Grenzen hält. Viele armenische Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen aus Russland sind beispielsweise zurückgekehrt, weil sich die Arbeit aufgrund des Wechselkurses nicht mehr auszahle, berichtete der Bürgermeister von Ijewan (administratives Zentrum der Region, Anm.), Artur Tsaghararyan, der APA. In Armenien seien seit Kriegsbeginn die Preise um 20 bis 30 Prozent gestiegen und viele kleine Geschäfte pleitegegangen. Besonders in den Dörfern gestalte sich das Leben schwieriger. Armenien hängt wirtschaftlich stark von Russland ab. Russische Unternehmen dominieren etwa den Energie- und Mobilfunksektor, darüber hinaus ist die Eisenbahn vollständig im Besitz der russischen Staatsbahn.

Russen und Russinnen, die nach Georgien gezogen sind, finden vergleichsweise schwierigere Bedingungen vor. Das Land ist nicht an das russische Zahlungssystem angeschlossen und betrachtet die Einwanderer und Einwanderinnen zunehmend argwöhnisch. 

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