Neue Gruppe in Stadt

In Graz wird jetzt wieder offensiver gebettelt

Steiermark
30.05.2022 06:00

Bewohner und Besucher werden auf Straßen und Plätzen im Zentrum von Graz oft angesprochen: Armenpfarrer Wolfgang Pucher, Stadtpolitik und Polizei beobachten die Szene genau.

Frauen, die mit Bechern von Tisch zu Tisch gehen und Gastgartenbesucher um ein paar Münzen bitten, Männer, die Öffi-Benutzer vor den Wartehäuschen mit gefalteten Händen um Spenden für die hungernde Familie zu Hause anflehen: Seit einigen Wochen bemerken viele Grazer und Gäste der Murmetropole, dass das aufdringliche Betteln in der Innenstadt wieder zugenommen hat.

Die „Hotspots“ sind die Herrengasse, der Hauptplatz und der Jakominiplatz. Ein Lied von dieser in der Landeshauptstadt verbotenen, belästigenden Form des Bettelns können auch die Gastwirte singen, die die Personen immer wieder von den Tischen im Freien wegweisen müssen.

Personen müssen sich an Regeln halten
„Das Bettelverbot ist eindeutig“, sagt der bekannte Armenpfarrer Wolfgang Pucher zur „Krone“. Wenn jemand gegen die Regeln verstoße, müsse man dagegen „mit aller Strenge“ vorgehen. „Mich selbst ist erst kürzlich eine junge Frau angegangen. Ich habe sie angepfaucht: ,Aggressives Betteln ist verboten!‘“ Solche Reaktionen sprechen sich laut Pucher schnell durch, denn die Menschen würden ja untereinander reden.

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Das Bettelverbot war kontraproduktiv: Deshalb sind die Rumänen erst gekommen. Sie haben gesehen, dass niemand hier bettelt.

Wolfgang Pucher, Armenpfarrer

Die jetzt in Graz angekommenen Bettler - sie gehören offenbar Großfamilien an - kennt der Gründer der Vinziwerke übrigens nicht. Es sei aber klar, dass für sie das Betteln überlebensnotwendig sei. „Man könnte mit ihnen reden und sie darauf hinweisen, wie man sich hier verhält.“ Das passiert etwa in der Notschlafstelle Vinzinest, die Platz für 120 Menschen bietet. Ein Dach über dem Kopf finden hier vor allem slowakische Roma und Rumänen.

„Die Bewohner werden von uns geschult“, berichtet Stephan Steinwidder, Leiter des Vinzinests. Diesen „Verhaltensunterricht“ lehnt die neue Gruppe aus Bulgarien und Rumänien jedoch ab. „Deshalb docken sie bei uns auch nicht an und übernachten nicht im Vinzinest. Sie haben ihre eigenen Netzwerke“, so Steinwidder.

Grazer Politik führt Gespräche mit Polizei
Auch Bürgermeisterin Elke Kahr ist die verschärfte Bettel-Situation bereits bekannt. „Wir stehen deshalb auch im engen Gesprächskontakt mit der Polizei und unseren Ämtern“, heißt es aus dem Büro der KPÖ-Politikerin. Viele wissen aber gerade in Zeiten explodierender Preise nicht, wovon sie leben sollen. „Klar ist auch, dass das Betteln mit Kindern verboten ist, da muss man eingreifen.“

Fakten

Wann und wo darf gebettelt werden?
Bis Jänner 2013 war in der Steiermark ein generelles Bettelverbot in Kraft. Dieses wurde aber vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Seither ist Betteln wieder überall erlaubt. In Gastgärten oder Lokalen dürfen die Inhaber aber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Bettler wegweisen.

Kann Betteln überhaupt bestraft werden?
Ja. Im Steiermärkischen Landes-Sicherheitsgesetz ist klar geregelt, dass Betteln „in aufdringlicher Weise, wie durch Anfassen, unaufgefordertes Begleiten und Beschimpfen“ strafbar ist. Die Polizei kann in solchen Fällen eine Geldstrafe von bis zu 2000 Euro gegen Bettler verhängen.

Wie wird Betteln in anderen Städten geregelt?
In der Salzburger Innenstadt ist momentan ein Bettelverbot in Kraft, das allerdings vom Verfassungsgerichtshof geprüft wird. In Innsbruck war Betteln jahrelang auf Sondermärkten verboten. Allerdings hob der Gemeinderat dieses Verbot im Dezember 2019 wieder auf.

Das bestätigt auch die Exekutive: Aggressives Betteln oder das Ansprechen von Passanten in Begleitung von Kindern sei nach dem Landes-Sicherheitsgesetz schon seit Jahren strafbar. Derzeit gibt es trotz des erhöhten Bettler-Aufkommens aber noch keinen Anstieg bei entsprechenden Einsätzen oder Anzeigen.

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Die Problematik ist schwierig und hat sich bisher nicht lösen lassen. Wir sind aber in Gesprächen mit der Polizei.

Elke Kahr, Grazer Bürgermeisterin (KPÖ)

Die Polizei beobachtet die Szene jedoch genau - und die Beamten mischen sich vermehrt in zivil unter die Fußgänger in der Grazer Innenstadt. Dabei kommt es auch regelmäßig zu Kontrollen.

Dass momentan mehr gebettelt werde, sei laut Polizei normal: In den warmen Monaten waren schon immer mehr Bedürftige unterwegs, weil dann auch mehr Leute über die Einkaufstraßen flanieren oder in den Gastgärten Platz nehmen.

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