Drei Viertel der Produkte, über die deutschsprachige Influencer Beiträge auf ihren Social-Media-Kanälen verbreiten, sind so ungesund, dass sie gegen die Werbestandards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinder verstoßen. Das berichtet ein Forscherteam um Eva Winzer vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien. Teenager werden demnach auf TikTok, Instagram und YouTube jede Stunde mit Werbung für 18 Produkte konfrontiert, meist ohne es zu merken.
Die Studie wurde jüngst auf dem European Congress on Obesity (Europäischer Kongress zu Adipositas) in Maastricht präsentiert. Darin analysierten die Forschenden Mahlzeiten, Snacks und Getränke, die in Posts und Videos von sechs der beliebtesten deutschsprachigen Influencer auf TikTok, YouTube und Instagram auftauchten. Zusammen erreichen und beeinflussen die jeweils drei Männer und Frauen mit ihren Beiträgen mehr als 35 Millionen Follower und Abonnenten der Altersgruppe 13 bis 17.
Drei Viertel der angepriesenen Ware für Kinder ungeeignet
75 Prozent der vorgestellten Lebensmittel und Getränke hatten demnach einen so hohen Salz-, Fett- oder Zuckergehalt, dass sie gemäß WHO-Richtlinien nicht an Kinder vermarktet werden dürfen. Außerdem waren die meisten Posts und Videos nicht eindeutig als Werbung gekennzeichnet. „Das unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Richtlinien und einer wirksamen Regulierung des Influencer-Marketings für Kinder“, betonte Studienleiterin Eva Winzer.
Jedes fünfte Kind ist übergewichtig
Weltweit gelten bereits 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig oder adipös. Die Bewerbung ungesunder Produkte gilt als wichtiger Faktor für Übergewicht im Kindesalter und beeinflusst Ernährungspräferenzen sowie Essverhalten nachhaltig. „Wie können wir von unseren Kindern erwarten, dass sie sich gesund ernähren, wenn die Inhalte in den sozialen Medien auf fett-, salz-und zuckerreiche Lebensmittel ausgerichtet sind?“, kritisierte Winzer.
Regierungen müssen Maßnahmen setzen, die sicherstellen, dass Kinder zu einer gesunden Lebensweise ermutigt werden.
Studienleiterin Eva Winzer
Die Expertin plädiert für staatliches Eingreifen: „In den meisten Ländern gibt es keine Beschränkungen für die Vermarktung von ungesunden Lebensmitteln auf Websites, in sozialen Medien oder mobilen Anwendungen. Regierungen müssen Maßnahmen setzen, die sicherstellen, dass Kinder zu einer gesunden Lebensweise ermutigt werden.“
Österreich verfüge seit einem Jahr über ein Nährwertprofil zur Lenkung von Lebensmittelwerbung an Kinder in audiovisuellen Medien, für die verpflichtende Anwendung fehle aber die gesetzliche Grundlage, ergänzte foodwatch Österreich. Die Bundesregierung müsse dringend dafür sorgen, „dass sich alle an das Nährwertprofil halten“. Die Studie belege, „dass Selbstregulierung der Konzerne kein geeignetes Mittel ist, um Kinderwerbung für Junkfood zu reduzieren“.
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