Experten urteilen

Bullen-Dominanz: Braucht es eine Liga-Reform?

Salzburg
05.05.2022 09:00

Neun Titel in Serie - die Bundesliga benötigt im Meisterkampf wieder mehr Spannung! Die „Krone“ hat mit den beiden Ex-Bullen Markus Schopp und Roman Wallner über die Dominanz Salzburgs gesprochen.

Ein Umbruch in Salzburg ließ Österreichs Fußballklubs in der jüngeren Vergangenheit stets hoffen und davon träumen, den Serienmeister vom Thron zu stoßen. Doch ganz gleich, ob der Trainer Hütter, Garcia, Rose, Marsch oder Jaissle hieß, ob im Tor Walke, Stankovic oder Köhn stand und ob Soriano, Dabbur, Daka oder Adeyemi an vorderster Front stürmte - am Ende hieß der Titelträger in der heimischen Bundesliga stets Red Bull Salzburg.

Die Dominanz des Abo-Champions geht aber längst über die Liga hinaus. Während in anderen Ländern zumindest in puncto Cup-Bewerb Abwechslung herrscht, räumen die Bullen hierzulande auch im Pokal regelmäßig ab. Acht Siege in den letzten neun Jahren, dazu eine Finalteilnahme - Abwechslung sieht definitiv anders aus! Dem Team aus der Mozartstadt kann man diesbezüglich keinen Vorwurf machen, denn selbstverständlich heimst die Truppe, die Sportdirektor Christoph Freund zusammengebaut hat, alle nur möglichen Titel ein und verliert nicht freiwillig, um die Monotonie zu beenden.

Andreas Ulmer mit Ehefrau Sarah und Meisterteller (Bild: Andreas Tröster/Kronenzeitung)
Andreas Ulmer mit Ehefrau Sarah und Meisterteller

Schopp: „Man muss dem Verein gratulieren“
Und doch stellt sich die Frage: Hält die pure Dominanz Salzburgs an oder gibt es - im Sinne eines spannenderen Wettbewerbs - Hoffnung darauf, dass andere Klubs dem Nonplusultra des heimischen Fußballs in absehbarer Zeit Paroli bieten können?

„Der Abstand muss nicht zwangsläufig so groß bleiben“, glaubt mit Markus Schopp einer, der beim Einstieg Red Bulls in den Fußball 2005 in der Mozartstadt kickte und die Bullen bestens kennt. „Ich sehe es nicht gegeben, dass Salzburg so dominant bleibt.“ Die Chancen dafür stehen allerdings gut, wie der Nachsatz des Steirers erkennen lässt: „Es wäre überraschend, wenn sie nicht weiter gewinnen würden, ist aber durchaus möglich.“ Der 48-Jährige hebt die exzellente Arbeit, die im Verein erledigt wird, hervor und weiß, dass Freund und seine Mitarbeiter auf sportlicher Ebene in den letzten Jahren sehr viel richtiggemacht haben. „Man muss dem Verein dazu gratulieren. Es gibt ja auch in anderen Nationen sehr starke Klubs, die aber nicht so eine Bilanz vorweisen können.“

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„Im Fußball weiß man nie, es wird sicher auch wieder mal Ausreißer geben. Im Großen und Ganzen wird Salzburg aber konstant vorne und der Topfavorit bleiben.

Ex-Bulle Roman WALLNER

Finanziell in einer eigenen Liga
An ein Ende der Vormachtstellung Salzburgs will auch Roman Wallner nur bedingt glauben. Der 40-Jährige, der von 2010 bis 2012 an der Salzach kickte, meint: „Im Fußball weiß man nie, es wird sicher auch wieder mal Ausreißer geben. Im Großen und Ganzen wird Salzburg aber konstant vorne und der Topfavorit bleiben. Für die anderen Teams ist es aber sicher möglich, die Kluft zu verkleinern.“ Schopp ist davon überzeugt, dass die Erfolge der Bullen, auch auf internationaler Ebene, einen positiven Effekt für die ganze Liga haben. „Das ist die Triebfeder für andere, um den Abstand zu verringern.“ Den größten Unterschied zwischen dem Branchenprimus und dem Rest der Bundesliga macht er in einer klaren Philosophie aus. „Bei Salzburg erkennt man, wie sie die Jungs entwickeln wollen. Wenn man sich anschaut, wie sich die Youth-League-Mannschaft ins Finale gespielt hat, sieht man ein klares Bild, wie die Spieler dort agieren. Sie schaffen Strukturen, die sie dann entwickeln. Das hat eine Nachhaltigkeit und eine Langfristigkeit. Salzburg hat eine klare Idee und macht seine Sache einfach sehr, sehr gut.“

Der finanzielle Vorteil, den der Double-Sieger mit einem Getränkekonzern im Rücken hat, darf dabei natürlich nicht außer Acht gelassen werden. Für die Konkurrenz ist es ein Ding der Unmöglichkeit, einen Spieler wie Roko Simic im Teenager-Alter für mehrere Millionen Euro zu verpflichten, zumal dieser in Salzburg langsam aufgebaut wird und nicht auf Anhieb einschlagen muss. „Fußball ist ein Geschäft, das mit unglaublich viel Risiko verbunden ist“, gibt Schopp zu bedenken. „Man kann es nicht 1:1 gleichmachen, aber im Rahmen der eigenen Grenzen kann man sich schon Dinge abschauen. Salzburg hat ja im Vergleich zu den Giganten auf internationalem Niveau auch Nachteile und trotzdem holen sie junge Topspieler. Da muss man kreativ sein.“

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In der oberen Tabellenhälfte kann man dagegen kreativ sein - mit Play-offs oder einem Finalturnier um die entscheidenden Plätze

Ex-Bulle Markus SCHOPP

„Die Chance wäre größer, Salzburg mal zu erwischen“
Und zugleich den eingeschlagenen Weg konsequent durchziehen, wie Wallner anmerkt. „Andere Teams können nicht so investieren wie Salzburg, das ist klar, man kann von ihnen aber lernen. Denn in den letzten Jahrzehnten war es so, dass es kaum junge Spieler gab, wenn ein Verein mal Geld hatte. Meistens setzen die Klubs nur dann auf sie, wenn es keine andere Wahl mehr gibt. Salzburg tut das hingegen grundsätzlich.“ Wohl auch deshalb fehlt seit Jahren die Spannung im Titelkampf der Bundesliga. Doch wie kann man für zusätzliche Attraktivität sorgen? „Grundsätzlich ist, wenn es um den Abstiegskampf geht, sehr viel Spannung drin“, hält Schopp fest. „In der oberen Tabellenhälfte kann man dagegen kreativ sein - mit Play-offs oder einem Finalturnier um die entscheidenden Plätze“, ergänzt der Ex-Teamspieler. „Wichtig ist es, Spannung zu erzeugen. Am Ende des Tages setzen sich sowieso die Besten durch.“

Auch Wallner steht dem Thema durchaus offen gegenüber, wenngleich er weiß, dass es „keinen Weg gibt, der es für alle gerecht macht. Ein Final Four könnte man schon andenken, weil es dann in nur ein, zwei Spielen um alles geht. Der Titelkampf wäre sicher interessanter und die Chance größer, Salzburg mal zu erwischen.“ Ob es sportlich fair wäre, die Entscheidung um den Meisterteller in nur wenigen Spielen herbeizuführen, sei dahingestellt. Schon jetzt gibt es Stimmen, die die Punktehalbierung nach dem Grunddurchgang für unfair befinden, weil man die ersten 22 Partien dadurch abwertet.

„Dadurch, dass Salzburg es so gut macht, da sie auch finanzkräftiger sind, wird es keinen Modus geben, um wirklich für deutlich mehr Spannung zu sorgen“, glaubt Wallner. Eine Idee hätte er aber doch, um die Bullen zu ärgern. „Wenn du nur ihnen die Punkte wegnimmst“, erklärt der 40-Jährige augenzwinkernd. „Das geht aber natürlich nicht. Zumal sie sich die Titel verdient haben, wenn sie über die Saison hinweg die Besten sind.“

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