Bürgerbeteiligung

Wenn Politiker und Bürger gemeinsam Nüsse knacken

Vorarlberg
22.04.2022 11:52

Warum Politik und Bürger hinsichtlich der Urbanisierung ihre Verantwortung wahrnehmen müssen, wie das überhaupt funktionieren kann und was das mit dem Vertrauen in die Politik zu tun hat.

Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass 2050 fast 70 Prozent der Menschen weltweit in städtischen Regionen leben werden. Und wenngleich die Urbanisierung in der westlichen Welt als weitgehend abgeschlossen gilt, gibt es Regionen, die sich noch mitten in diesem Prozess befinden - etwa Vorarlberg. Das sei ein Wandel, der eine weitsichtige sowie nachhaltige Raumplanung erfordere und „eine Politik, die proaktiv eine Gestaltungs- und Vorreiterrolle einnimmt“, ist Kriemhild Büchel-Kapeller, Vizeobfrau des Büros für Freiwilliges Engagement und Beteiligung, überzeugt.

Meinungen im Vorfeld kundtun
Die Politik könnte Bürger wesentlich öfter einbeziehen - und zwar im Vorfeld, wenn es noch Gestaltungsspielraum gibt, so die Expertin für Sozialkapital und Nachhaltigkeit: „Gerade bei heiklen Themen reicht es nicht, Entscheidungen im stillen Kämmerlein zu fällen und diese dann nur zu kommunizieren. Bürgerproteste sind da oft vorprogrammiert. Die Menschen müssen die Möglichkeit haben, ihre Meinungen und Bedenken im Vorfeld kundzutun, um diese konstruktiv aufzuarbeiten. Wir müssen weg von der reinen Ordnungs- hin zur Bürgerkommune - also einer partizipativ agierenden Gemeinde, die verstärkt auf Beteiligung setzt.“

Allerdings ist nicht nur die Politik gefragt. Der Staat ist kein Selbstbedienungsladen, auch die Bürger müssen sich ihrer Mit- sowie Eigenverantwortung bewusst sein und sich aktiv engagieren. Freilich stellt sich die Frage, ob die Menschen dazu eingeladen werden. 

Transparenz ist wichtig
Eine formale, schön aufbereitete amtliche Mitteilung reicht nicht aus. Manche schreckt es sogar ab„, so Büchel-Kapeller. “Es braucht unterschiedliche Kommunikationskanäle. Ein Bürgermeister hat etwa Nüsse verschickt und dazu eingeladen, gemeinsam die Nüsse für eine gute Zukunftsentwicklung zu knacken.„ In einer anderen Gemeinde sind Schüler von Tür zu Tür gegangen, um die Menschen zu einer Umfrage über Nahversorgung einzuladen. Sind die Bürger erst einmal mit im Boot, müssen die Prozesse transparent gestaltet und gut begleitet werden. Letzteres ist entscheidend, denn unterschiedliche Interessen bergen Konfliktpotenzial. Werden die Teilnehmer fachgerecht durch den Prozess geleitet, führt dies oft zu gegenseitigem Verständnis. “Aus diesem Grund muss auch ein gewisser Gestaltungsspielraum gegeben sein. Ansonsten ist es eine reine Informationsveranstaltung und als solche zu deklarieren", betont Büchel-Kapeller zudem.

Politik leidet unter Vertrauensverlust
Die Ergebnisse müssen außerdem in Form von Feedbackschleifen an die teilnehmenden Bürger rückgekoppelt werden. Soll heißen: Die Menschen haben ein Recht zu erfahren, ob ihre Ideen aufgenommen wurden. Letzteres ist nicht immer möglich, und auch das muss den Bürgern ehrlicherweise mitgeteilt werden. Vorarlberg nimmt übrigens eine Vorreiterrolle bei Bürgerbeteiligungen ein - so sind etwa die „Bürgerräte“ europaweit bekannt. Gut so, denn Beteiligung auf verschiedensten Ebenen sei gerade jetzt von größter Bedeutung, konstatiert Büchel-Kapeller: „Die Politik leidet unter einem enormen Vertrauensverlust. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sie mittlerweile den Bezug zum täglichen Leben der Bürger verloren hat. Demokratie funktioniert nicht, indem man die Bürger nur alle paar Jahre zur Wahlurne gehen und ein Kreuz machen lässt.“

Parallelwelten zusammenbringen
Insofern könnten Bürgerbeteiligungen nicht nur Proteste und Demonstrationen verhindern oder zumindest dezimieren, sondern auch die voneinander getrennten Parallelwelten „Politik“ und „Alltag der Menschen“ aufbrechen. Es ist also durchaus im Sinne der Entscheidungsträger, die Menschen einzubeziehen und gemeinsam tragfähige Lösungen und eine lebendige Demokratie zu gestalten.

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