20 Jahre Gesäuse

Wofür braucht es heute noch einen Nationalpark?

Steiermark
06.04.2022 09:21

20 Jahre Nationalpark Gesäuse: Über Visionen und Ängste haben wir mit Geschäftsführer Herbert Wölger gesprochen.

Herr Wölger, Sie wurden soeben für weitere fünf Jahre als Geschäftsführer des Nationalparks Gesäuse bestätigt. Welche Vorhaben stehen ganz oben auf Ihrer Prioritätenliste?
Planung ist in einem Nationalpark sehr wichtig, deshalb reicht unser Managementplan bis ins Jahr 2031. Unser Schwerpunkt liegt sicher auf dem Zulassen von Wildnis. Aber auch der Schutz des nächtlichen Sternenhimmels ist uns ein großes Anliegen - übrigens über die Grenzen des Nationalparks hinaus. Unsere vielen endemischen Insekten- und Pflanzenarten wollen wir noch stärker ins den Fokus der Öffentlichkeit rücken - also all das, was wirklich nur hier bei uns erlebbar ist.

Nicht alle waren von Beginn an begeistert von der Unterschutzstellung einer ganzen Region. Welche Ängste haben sich zerschlagen?
Es gab viele diffuse Befürchtungen - eine war, dass viele Fremde kommen und alles aufkaufen. Wir forcieren Naturschutz, sanften Tourismus, legen Wert auf einen maßvollen Umgang mit der Schaffung von Infrastruktur. Dass sich die Bevölkerung darauf verlassen kann, dass sich jemand um das Naturjuwel Gesäuse kümmert und wir als Nationalpark bestimmen können, was hier gebaut wird und was eben nicht, hat sich in der Wahrnehmung der Bevölkerung von einem Schreckgespenst zu einem Lotto-Sechser gewandelt.

Das befürchtete Aussperren von Menschen blieb ebenso aus.
Ja. Wer touristisch profitieren möchte, hat sein Haus heute voll. Parallel blieb und bleibt für die Natur aber genug Raum und Ruhe, um auch weiterhin prächtig gedeihen zu können.

Apropos: Spätestens seit der Pandemie ist der Besucherdruck auf Ihre Region groß geworden. Wie viele Gäste verträgt ein Nationalpark, stehen Naturschutz und Tourismus nicht automatisch im Widerspruch?
Das ist für uns eine der wichtigsten Fragen. An manchen Orten und zu manchen Zeiten verträgt die Natur mehr Gäste als zu anderen. Dazu braucht es eine gewisse Lenkung im Sommer und mittlerweile auch im Winter. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg: Die wenigen Lenkungsmaßnahmen, die notwendig wurden, tragen alle mit. Wir sind auch nach wie vor weit davon entfernt, eine Destination für Massentourismus zu werden.

Wofür braucht es heute denn einen Nationalpark?
Wildnis zulassen - das ist das oberste Ziel aller Nationalparks weltweit. Wir unterteilen die Tier- und Pflanzenwelt nicht in gut oder böse, schädlich oder nützlich. Nationalparks sind die am strengsten geschützten Landschaften, die für den Menschen noch erlebbar sind. Sie haben also einen hohen Erholungswert für Gäste, da sie unverfälschte Natur bieten.

Ihnen wurden selber schon einmal Schafe von einem Wolf gerissen. Wie geht man als Leiter eines Nationalparks mit der Rückkehr dieses Raubtieres um?
In einen intakten Naturraum gehören auch die Prädatoren. Im Nationalpark sind Luchs und Wolf natürliche Mitspieler. Daran gibt es nichts zu rütteln.

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