Ein Schockvideo über Lebensmittelberge in der Müllverbrennung, ein Preiskrieg zwischen Handel und Lieferanten: Die Situation der Bauern ist prekär. Eine Ombudsstelle und faire Entlohnung sollen helfen.
„Das sind erpresserische Methoden auf dem Rücken der Bauern und Verarbeiter“, nimmt sich Köstinger kein Blatt mehr vor den Mund. Doch damit endet ihre Wut noch lange nicht. „Wenn der Handel nicht der Totengräber der heimischen Bauern sein will, müssen die Konzerne umdenken“, wettert Österreichs Agrarministerin weiter.
Anlass: Ein der „Krone“ von Greenpeace zugespieltes Video, das - wie berichtet - die aus mehreren Filialen von einem Abfallunternehmen abgeholten Berge an Fleisch zeigt, die nicht verkauft werden konnten und daher verbrannt werden mussten. „Diese Bilder sind nicht nur für mich absolut schockierend“, so Köstinger.
Ombudsstelle nimmt anonyme Hinweise an
Zweiter (Lebensmittel-)Aufreger derzeit ist auch ein großer Lieferant, der sich - wie berichtet - mit einem Handelskonzern angelegt hat. Hochrangige Agrarvertreter versichern in diesem Fall hinter vorgehaltener Hand, dass die 500 Rindfleisch-Bauern von sich aus von ihrem Vermarkter wegwollen. Dieser hatte die für ihn zuständige Einkäuferin der Lebensmittelkette wüstest beschimpft. Der „Krone“ liegt der betreffende Chatverlauf vor. Das betroffene Handelsunternehmen will ihn genau deswegen jetzt klagen.
Doch zurück in den Stall: Köstinger wird ab März in ihrem Ministerium eine Ombudsstelle für betroffene Bauern und Lieferanten einrichten. An diese können sich die Landwirte - auch anonym - wenden, wenn sie sich vom Handel unter Druck gesetzt fühlen.
Wir wollen es den Betroffenen einfacher machen, Beschwerden einzureichen ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, sprich Auslistung ihrer Produkte, haben zu müssen
Agrarministerin Elisabeth Köstinger
„Wir wollen es den Betroffenen einfacher machen, Beschwerden einzureichen ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, sprich Auslistung ihrer Produkte, haben zu müssen“, so die Ministerin, die auch versichert, dass diese Einlaufstelle unabhängig und weisungsfrei sein wird. In jährlichen Berichten sollen Anzahl und Art der unlauteren Praktiken aufgelistet und so mehr Transparenz in die „Handelsbeziehungen“ zwischen Acker, Stall, Feld und Regalen gebracht werden.
Supermärkte bieten mehr heimische Produkte an
Wie berichtet, hatte das EU-Parlament schon 2019 unlautere Praktiken entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette explizit definiert und in Gesetzesform gegossen. Das wird jetzt auch in rotweißrotes Recht umgesetzt. Köstingers Warnung in Richtung Handel: „Die Zeit derer Lippenbekenntnisse ist endgültig vorbei!“
Seitens der Supermarkt-Riesen wird erneut darauf verwiesen, dass es unzählige faire Partnerschaften mit Erzeugergemeinschaften sowie Hunderten heimischen Landwirten gerade im Fleischsektor gäbe und dass dadurch etwa wertvollste biologische Lebensmittel für den Konsumenten verfügbar gemacht worden seien.
Diese gute Zusammenarbeit werde man fortsetzen und mit langfristigen Verträgen noch ausbauen. Ein Blick in die heimischen Supermärkte bestätigt das. Tatsächlich bieten diese immer mehr Erzeugnisse von Klein- und Kleinstbauern in Geschäften an.
Schwarze Schafe auch unter den Landwirten
Konsumentenschützer fordern indes von Bauernbund & Co., auch gegen schwarze Schafe in den eigenen Reihen vorzugehen. Auch der „Krone“ sind Fälle bekannt, wo den Konsumenten nur vorgaukelt wird, dass ein Produkt aus rotweißroten Gefilden stammt. Bauernrebell Leo Steinbichler: „Wir brauchen ganz klare Herkunftsbezeichnungen.“
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