Viele Unfälle

Hohes Tempo auf Pisten bereitet Fachleuten Sorge

Tirol
22.01.2022 18:00

Gefährlicher Wintersport: Zahlreiche Verletzte und auch Todesopfer wurden in den vergangenen Tagen in Tirol gemeldet. Rohit Arora von der Uni-Klinik Innsbruck spricht von Verletztenzahlen wie vor der Pandemie. Sorge bereitet ihm und anderen Fachleuten das hohe Tempo der Skifahrer. Doch das ist nicht das einzige Risiko im Schnee. Auch digitale Helfer können zur Gefahr werden.

Auch wenn weniger Urlauber im Land sind, auf den Pisten, im freien Gelände und auf Rodelbahnen passiert derzeit dennoch viel. Kein Tag ohne Unfälle mit Schwerverletzten, auch mehrere Todesopfer waren in den vergangenen Wochen zu beklagen.

Klinik-Direktor: „Jeden Tag im Schnitt 16 Operationen“
Rohit Arora, Leiter die Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie in Innsbruck, spricht sogar von einem Unfallgeschehen wie vor der Pandemie. „Wir haben derzeit täglich im Schnitt 16 Operationen von Frischverletzten“, nennt der Mediziner eine Kennzahl. Vor Weihnachten hatte Arora einen eindringlichen Appell an Wintersportler gerichtet, besondere Vorsicht walten zu lassen, weil wegen der Pandemie nicht alle Operationssäle genutzt werden konnten. Das habe sich mittlerweile zum Glück wieder normalisiert. „Sieben von acht Sälen sind bei uns wieder in Betrieb“, informiert der Klinik-Chef. Sie werden dringend gebraucht.

Rohit Arora leitet die Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie in Innsbruck (Bild: FLORIAN LECHNER)
Rohit Arora leitet die Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie in Innsbruck

KFV erwartet „mindestens 25.000 Skiunfälle“
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) rechnet heuer österreichweit mit mindestens 25.000 Skiunfällen. Bei Saisonstart war man noch von deutlich weniger ausgegangen. Die Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass die Wintersportler mit Einschränkungen wie Maske oder Tests besser zurechtkommen als erwartet. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Forschungsbereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV, erinnert angesichts der vielen Verletzten daran, „dass Skifahren zu den unfallträchtigsten Freizeitaktivitäten gehört“.

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Mit diesem Tempo ungeschützt und ungebremst gegen ein hartes Hindernis geprallt, entspricht einem Sturz aus einer Höhe von 20 Metern.

Johanna Trauner-Karner, Leiterin Forschungsbereich Sport- und Freizeitsicherheit im KFV

Jeder Zweite erreicht Spitzenwert von 70 km/h
Zu hohe Geschwindigkeit ist eine der häufigsten Unfallursachen auf Pisten, aber auch auf Rodelbahnen. Laut KFV erreicht rund die Hälfte der Skifahrer Spitzengeschwindigkeiten von fast 70 km/h. „Mit diesem Tempo ungeschützt und ungebremst gegen ein hartes Hindernis geprallt, entspricht einem Sturz aus einer Höhe von 20 Metern“, rechnet Trauner-Karner vor.

Mediziner begrüßt mögliche Helmpflicht
Mediziner Arora drückt die Auswirkungen in Verletzungsmustern aus: „Neben Knie- und Unterschenkelverletzungen sehen wir viele Schäden an der Wirbelsäule.“ Dies sei auch den derzeit harten Pisten geschuldet. „Umso wichtiger ist es, Geschwindigkeit herauszunehmen“, appelliert der Klinik-Direktor an die Sportler. Einer möglichen Skihelmpflicht kann Arora viel abgewinnen. Auch, wenn jetzt schon die meisten Sportler einen Helm tragen. Kopfverletzungen seien deshalb stark rückläufig. Ein Rückenprotektor vermittle Skifahrern jedoch trügerische Sicherheit, sagt der Mediziner: „Der hilft bei Sprüngen, aber nicht bei klassischen Stürzen, wenn die Kraft von der Seite auf die Wirbelsäule einwirkt.“

Smarte Hilfsmittel mit Vorteilen und Risiken
Gute Ausrüstung kann zu einem besseren Schutz beitragen. Neueste Technik ist unter Umständen aber auch ein veritables Sicherheitsrisiko. Eine Studie des KFV gibt Aufschluss über Nutzen und Risiken. Mehr als 1000 Skifahrer und Snowboarder wurden befragt. 42 Prozent gaben an, digitale Systeme wie Smartphone-Apps, Helmkameras und Datenskibrillen zu nutzen. Das Kuratorium nennt Notfall-Apps oder Live-Informationen über Wetter und Pisten als eindeutig hilfreiche Anwendungen, spricht aber auch von vielen Ablenkungen durch Kopfhörer oder Kameras. Auch Funktionen wie Kilometer- oder Geschwindigkeitsanzeigen seien kritisch zu sehen, wenn sie zu überhöhtem Tempo und der Überschreitung der eigenen körperlichen Grenzen verleiten.

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