Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Harald Mahrer, schaute anlässlich seines Tirol-Tages in der „Krone“-Redaktion vorbei und sprach über die Wintersaison, den ausgetrockneten Arbeitsmarkt und Nachbesserungen bei der „sozialen Hängematte“.
Krone: Herr Präsident Mahrer, was führt Sie denn heute nach Tirol, gibt es da einen besonderen Anlass?
Harald Mahrer: Wir machen seit Sommerbeginn eine große Tour durch die Bundesländer. Gemeinsam mit den jeweiligen Landesgruppen haben wir uns vorgenommen, 1000 Betriebe zu besuchen. Und das haben wir auch geschafft – Tirol bildet nun den Abschluss der Tour.
Worum geht es Ihnen?
Die Idee war, möglichst viel Feedback von den Betrieben für die Herbst- und die Winterarbeit zu bekommen. Wie gehen wir mit Covid-19 weiter um? Was machen wir zum Thema Steuerreform? Und vor allem das brennende Thema Arbeitsmarkt. Das waren die drei Schwerpunkte, zu denen wir uns Feedback von den Betrieben geholt haben.
„Liebe Gäste, der Winter ist bei uns sicher“
Wo drückt jetzt bei Tirols Unternehmen der Schuh?
Das Thema Nummer 1 war natürlich der Wintertourismus! Es braucht Planbarkeit für die Wintersaison. Eine zweite Null-Nummer-Saison können wir uns nicht leisten und wollen das auch nicht. Seit Montag gibt es nun einen Plan der Regierung. Franz Hörl und sein Tiroler Team haben sich miteingebracht. Die Botschaft lautet: „Liebe Gäste, bei uns ist es im Winter sicher, planbar, gut strukturiert!“
Apropos Tourismus – nicht nur dort haben die Betriebe ein massives Problem, Mitarbeiter zu finden.
Beim Arbeitsmarkt drückt der Schuh massiv. Uns fehlen an allen Ecken und Enden Mitarbeiter. Das hängt zum einen mit der starken wirtschaftlichen Aufholphase zusammen, zum anderen aber auch damit, dass viele Mitarbeiter aus dem Ausland wegen Covid noch in ihrer Heimat sind. Das betrifft auch Tschechien, Ungarn, Slowenien und Deutschland.
„Kinderbetreuung muss ausgebaut werden“
Was kann der Staat im Kampf gegen den ausgetrockneten Arbeitsmarkt tun?
Da gibt es mehrere Stellschrauben, an denen man drehen kann. Zum Beispiel bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie der Ausbau der Kinderbetreuung. Erfreulicherweise schiebt hier Minister Martin Kocher gerade eine große Arbeitsmarktreform an.
Auf der einen Seite suchen sämtliche Betriebe im ganzen Land händeringend nach Mitarbeitern, auf der anderen Seite haben wir so viele Arbeitslose. Sind die Zumutbarkeitsbestimmungen zu locker?
Natürlich geht es auch um die Fragen der Zumutbarkeit – auch hier gehört nachgebessert. Vor allem im Bereich der Mobilität muss es ein Umdenken geben: Wie kann ich Menschen aus dem Osten Österreichs dazu bewegen, einen Tourismus-Job im Westen anzunehmen? Das Motto „Ich kann dort arbeiten, wo andere Urlaub machen“ ist ein wirklicher Schatz und muss besser vermarktet werden.
Ist ist es nicht so, dass das soziale Netz in einigen Bereichen einfach zu lasch ist?
Die Frage, die sich viele stellen ist: Ist die Differenz zwischen dem, was Leute bekommen, wenn sie arbeiten und dem, was sie bekommen, wenn sie nicht arbeiten, zu gering? Da sagen viele Menschen in Österreich „Ja“. Leistung muss sich lohnen und da sind wir schon bei der Steuerreform. Die Leute brauchen mehr Netto vom Brutto. Wenn ich fleißig bin, dann muss ich das auch in der Geldbörse spüren – und das hilft in weiterer Folge auch wieder der Wirtschaft.
„Wir brauchen den Investitionsfreibetrag“
Was sind diesbezüglich Ihre konkreten Forderungen an die Bundesregierung?
Stichwort Körperschaftssteuersenkung – wir brauchen Anreize für Investitionen. Wir fordern die Wiedereinführung des guten alten Investitionsfreibetrags, damit die Betriebe einen steuerlichen Anreiz haben, Geld wieder in den eigenen Betrieb zu investieren und damit die Konjunktur nachhaltig anzukurbeln. Denn alles andere würde ja heißen, dass wir den Aufschwung abwürgen. Menschen brauchen Geld zum Konsumieren, Betriebe brauchen Geld zum Investieren und wir brauchen Mitarbeiter, damit der Laden läuft. Hier gibt es noch Handlungsbedarf und die Bundesregierung muss liefern.
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