Sabine Seidler ist erste Rektorin der Technischen Universität Wien sowie Präsidentin der Universitätenkonferenz. Sie spricht über den Uni-Betrieb in Zeiten von Corona, über das Verhältnis zur Regierung, Leistungsprinzipien und über das Plagiatsproblem.
Seit März haben die Unis wieder offen. Oder auch nicht. Vieles findet digital statt. Vieles ist ungewiss. Sabine Seidler, Rektorin der TU-Wien und Präsidentin der Uni-Konferenz, sagt: „Wann wir wieder Normalbetrieb haben, hängt von den Impfungen ab. Wir stehen im nationalen Impfplan an vorletzter Stelle. Wir wissen, dass wir nicht zuerst dran sein können. Aber es hilft uns nicht, dass wir so weit hinten sind.“ Man hofft auf erste Öffnungen nach Ostern, wenn auch nicht in vollem Umfang. „Es hängt auch von den Studien ab. Es ist ein Unterschied bei laborintensiven Studien wie Medizin oder etwa Rechtswissenschaften.“ Vor dem Sommer werde man keinen Normalbetrieb aufnehmen können, hoffentlich im Wintersemester, also ab Oktober.
Studenten als auch Lehrende hätten viel zu ertragen.„Die aktuellen Erstsemestrigen wissen nicht einmal, wo sie studieren. Die Vortragenden reden bei Vorlesungen in ein schwarzes Loch. Damit kann man schwer Begeisterung entfachen.“ Es gelten überall Maskenpflicht, Zweimeter-Abstände, Schutzwände etc. Im November 2020, mit einem sanften Lockdown, habe man deutlich gemerkt, wie wichtig die direkte Begegnung gerade für die Studienanfänger sei.
Das Budget der Regierung für die Unis sei ok, wenngleich man sich mehr erhofft hatte. „Aber angesichts von Corona ist klar, dass es keine großen Sprünge geben wird.“ Der Austausch mit Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) funktioniere. „Er kommt aus dem Uni-Management. Das ist gut. Aber es ist immer ein Spannungsverhältnis. Ich will so viel wie möglich autonom entscheiden. Abstimmung mit dem Ministerium brauche ich nicht.“ Vor allem beim Testen gab es Differenzen. „Eine Frage des Geldes. Für 280.000 Studenten und 60.000 Lehrende wurde nur eine Million zusätzlich bereitgestellt.“
Der Wissenschaftsausschuss tagte am Mittwoch auch zum Thema Testen für Lehrende und Studierende. Sabine Seidler: „Das wird uns ermöglichen, nach Ostern bestimmte Öffnungen zu gestatten. Fest aber steht: Nur das Impfen wird uns wieder an die Universitäten zurückbringen.“
Eine Frage des Geldes
Freilich geht es auch bei den Universitäten ums liebe Geld. DasBudget der Regierung für die Unis sei ok, wenngleich man sich mehr erhofft hatte für die nächsten Jahre, von 2022 bis 2024. „Aber angesichts von Corona ist klar, dass es keine großen Sprünge geben wird“, sagt die Präsidentin. "Und es reicht, um das Bestehende zu erhalten. Nach 360 neuen Professuren in der laufenden Periode sind es in der nächsten 60. Aber wir können damit arbeiten. Und es ist gesichert.
Der Austausch mit Bildungsminister Heinz Faßmann funktioniere. „Er kommt nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch aus dem Uni-Management. Das ist gut. Aber es ist immer ein Spannungsverhältnis. Wir Rektorinnen und Rektoren haben letztlich andere Zugangsweisen. Ich vertrete eine autonome Universität und ich will so viel wie möglich autonom entscheiden. Abstimmung mit dem Ministerium brauche ich da nicht. Aber bei den zentralen Eckpunkten haben wir Einigungen erzielt.„ Vor allem aber beim Corona-Testen gab es Differenzen.“Es ist eine Frage des Geldes. Für 280.000 Studenten und 60.000 Lehrende wurde nur eine Million zusätzlich bereit gestellt. Das ist vergleichsweise wenig. Wir würden uns da mehr erwarten.„ Man habe sich mehr Engagement seitens der Regierung erhofft und dies auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck mitgeteilt, “dass wir gerne in das Betriebliche Testungsgesetz miteinbezogen worden wären. Dann hätten wir mehr Geld für Forschung und Lehre."
Leistungsprinzipien, Plagiate und Uni-Rankings
Nun kommt eine Uni-Gesetzesnovelle. Es sind Mindestleistungen nach so genannten ECTS- Punkten verankert.„Vor allem die 16 ECTS innerhalb von zwei Jahren als Vorgabe sind erfreulich. Obwohl es traurig ist, dass man im Gesetz festhalten muss, dass Studenten studieren.“ Sabine Seidler plädiert für ein„Motivationssystem“, ein gutes „Leistungsstipendiensystem. “Das mache Berufstätigkeit von Studenten im Idealfall obsolet. Je mehr Leistung, je besser die Noten, umso mehr Unterstützung.„Aber natürlich brauchte es unabhängig davon soziale Absicherung.“ Bislang wurde diese Idee noch nicht aufgegriffen. Dabei ein Umdenken durchaus angebracht im Sinne von Verbesserungsmöglichkeiten des Systems. „Österreich ist sehr liberal, fast einzigartig. Man kann ohne Druck studieren, quasi ohne Studiengebühren. In anderen Ländern wird man exmatrikuliert, wenn man in einem gewissen Zeitraum keine Prüfungen macht.“ Apropos: Das Thema Effizienz von Österreichs Unis sieht die Präsidentin differenziert. "Man muss vorsichtig sein. Die Rankings entstanden, weil asiatische Studierende wissen wollten, wo man in den USA am besten studieren kann. Das soll keine Ausrede sein. Aber wenn man sich die Fächer anschaut, dann sind wir in bestimmten Fächern gar nicht so schlecht. Unter den Top-50 sind von der Uni Wien etwa Kommunikationswissenschaften, Agrar- und Forstwissenschaften, Linguistik oder Theologie. Es geht um internationale Sichtbarkeit. Und darum, wie internationale Unternehmen unsere Absolventen sehen.
Und wie steht es um die Plagiatsdiskussionen, die zuletzt auftauchten, vor allem wegen des Rücktritts der ÖVP-Arbeitsministerin? Wie groß ist das Problem in Österreich? Sabine Seidler: „Wir sind in diesem Bereich hoch sensibilisiert. In der UG-Novelle wird Plagiieren auch als strafbar definiert. Das ist ein klares Zeichen. Ich halte aber generell Plagiieren an Österreichs Universitäten nicht für ein systemisches Problem.“
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