627.000-€-Linksammlung

„Kaufhaus Österreich“: Offizielle Website im Test

Digital
01.12.2020 13:43

Mit dem „Kaufhaus Österreich“ wollen Wirtschaftskammer und Wirtschaftsministerium E-Commerce-Giganten wie Amazon Paroli bieten und heimische Händler stärken. Aber funktioniert das Linkverzeichnis um 627.000 Euro wie versprochen? Wir sind zum virtuellen Einkaufsbummel ausgerückt - und waren nicht wirklich überzeugt.

Bereits im April, mitten im ersten Lockdown, rief Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) die Österreicher auf: „Kauft lokal, das geht auch digital!“ Damals stellte das Ministerium eine Linksammlung mit Internetadressen heimischer Händler online, die bei der Suche nach heimischen Shops mit der gewünschten Ware helfen sollte.

Acht Monate später hat man nun das „Kaufhaus Österreich“ enthüllt - eine Website um offiziell bestätigte 627.000 Euro, die dem Namen zum Trotz kein Online-Shop ist, sondern abermals eine Linksammlung. Rund 1000 heimische Unternehmen sind schon eingetragen.

Wer neues iPhone sucht, findet alte Nokia-Handys
Da sollte doch für jeden Bedarf etwas zu finden sein, oder? Unser Testbesuch zeigte: leider nicht. Und das liegt gar nicht daran, dass kein buntes Angebot verschiedener Händler vorhanden wäre. Sondern daran, dass die Suchfunktion nicht hält, was sie verspricht.

Wer zum Beispiel ein iPhone bei einem österreichischen Händler kaufen möchte und das Apple-Smartphone ins im Mittelteil der Website versteckte Suchfeld tippt, findet nicht iPhone-Angebote, sondern einen Handyshop in Wien, der alte Nokia-Handys als Zweitgerät verkauft. Knapp daneben. Bei der Suche nach einer Nintendo-Konsole spuckte die Suche gleich gar nichts aus.

Das Problem: Die Suchfunktion durchsucht nicht das Sortiment der eingetragenen Händler, das dem „Kaufhaus Österreich“ gar nicht vorliegt, sondern lediglich die Namen und Kurzbeschreibungen der Shops.

War der Shop-Inhaber so geistesgegenwärtig, bei der Anmeldung seine wichtigsten Produkte in die Beschreibung einzutragen, findet man immerhin bei der Suche nach gröberen Produktkategorien einen passenden Händler - etwa für „Olivenöl“ oder „Wurstwaren“. Aber eben nur, wenn eines dieser Worte auch in der Händlerbeschreibung steht.

Interface nicht besonders aufgeräumt
Was das mit großen bunten Icons und einem Imagevideo überladene Interface betrifft, ging Design offenbar über Funktion. Dass das Suchfeld nicht ganz oben zu finden ist, wie es sich zwecks einfacher Auffindbarkeit anbieten würde, ist nicht nachvollziehbar. Eine Navigationsleiste, über die man schnell einzelne Shop-Kategorien erreichen könnte, gibt es konsequenterweise auch nicht.

Wer einen Überblick über die vorhandenen Kategorien erlangen will, muss auf eine eigene Unterseite im „Kaufhaus Österreich“ surfen - am Desktop-PC genauso wie am Smartphone. Dort findet man aber leider auch keine kompakte Auflistung der einzelnen Händler, sondern eine bildreiche Karten-Darstellung mit viel Scroll-Bedarf.

Manch ein Link führt zu Amazon.de
In der Kategorien-Rubrik kann man schließlich Anbieter durchforsten, die Produkte aus dem gewünschten Bereich anbieten. Dass es sich hierbei ausschließlich um heimische Firmen handelt, die im „Kaufhaus Österreich“ ihren Direktvertrieb optimieren wollen, stellt zumindest eine Kinderdirndl-Manufaktur aus Ungarn mit Adresse in Wien infrage. Hier führt ein Klick auf den Link auf Amazon.de. Auf einer Plattform, die zum Ziel hat, heimische Händler gegen den Riesen Amazon zu stärken, mutet das befremdlich an.

Kein Kundenkonto im „Kaufhaus Österreich“
Die größte Schwäche, die dem Charakter der Plattform als Linksammlung geschuldet ist, ist das Fehlen einer zentralen Bestell- und Bezahlfunktion. Wer etwas aus einem beim „Kaufhaus Österreich“ gelisteten Shop kaufen will, muss sich für jeden einzelnen ein Benutzerkonto erstellen, also immer wieder Adresse und Zahlungsinfos bekannt geben. 

Wer viele verschiedene Dinge braucht, wird da schnell die Bequemlichkeit großer US-Anbieter vermissen. Immerhin: Es gibt auch Links zu größeren heimischen Online-Marktplätzen wie Shöpping.at oder „Markta“, die der Usability der übermächtigen US-Anbieter schon näher kommen.

Fazit: Wir hätten uns bei Kosten von 627.000 Euro mehr vom „Kaufhaus Österreich“ erwartet. Im Kern leistet die Website nämlich nichts, was nicht längst durch andere - teils deutlich übersichtlichere - Angebote wie den krone.at-Shopfinder abgedeckt würde. Sie ist nicht benutzerfreundlicher als andere Linksammlungen, weil der Bestellvorgang ja letztlich immer direkt beim Händler erfolgt, und scheitert mit ihrer missglückten Suchfunktion daran, Österreicher mit konkreten Wünschen auch tatsächlich zum richtigen Händler zu lotsen. Zur erhofften Amazon-Alternative, mit der die Kaufkraft im Land bleibt, reicht es so nicht.

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