Coronavirus

Nur Jugend schützt nicht!

Gesund
18.10.2020 05:00

Ein Chefarzt berichtet: Amputierte Gliedmaßen, lebenslang nicht mehr richtig atmen können, dauerhaft erschöpft - was das Coronavirus bei jungen, vormals total gesunden Menschen anrichten kann.

Sie war begeisterte und erfolgreiche Ausdauersportlerin und hat bisher überaus gesund gelebt. Bis Coronaviren über sie herfielen. Die akute Krankheit verlief gar nicht so arg. Aber jetzt mussten der rund 30-Jährigen als Spätfolge mehrere Zehen amputiert werden. Sie wird nie mehr richtig gehen können. Dr. Martin Skoumal, Internist, Rheumatologe und Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), gibt natürlich keine Namen preis. Aber er spricht von keinem Einzelfall: „Wir bekommen aus den Intensivstationen der Umgebung leider auch jüngere Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung an unser Lungen-Reha-Zentrum Hochegg (NÖ) zugewiesen. Zwischen 30 und 50, keiner Risikogruppe angehörend, keine Vorschäden, ganz plötzlich aus völliger Gesundheit gerissen.“ In erster Linie betreffen katastrophale Komplikationen die Lunge. Der Mediziner: „Dieses Organ kann so massiv geschädigt sein, dass die Betroffenen schon nach wenigen Metern Gehstrecke wegen Atemnot stehen bleiben müssen. Sie erreichen in kürzester Zeit ihre Belastungsgrenze.“

Haben diese Menschen die Chance jemals wieder ganz gesund zu werden?
Dr. Skoumal: „Die Chance schon, aber keine Garantie. Es ist zu befürchten, dass einige junge Corona-Patienten kein normales Leben mehr führen können.“ Das sollten derzeit all jene bedenken, die momentan auf Corona-Protestkurs unterwegs sind. Die trotz aller eindringlichen Warnungen gerade jetzt wilde Partys feiern, wo die Infektionszahlen wieder in die Höhe schnellen. Ohne Sicherheitsabstand, ohne Masken und wohl auch ohne ausreichenden Verstand. Denn die ursprüngliche Vermutung, es würden ohnedies nur ältere Personen ernsthaft gefährdet sein, hat sich als fataler Irrtum erwiesen. Bedauerlicherweise wusste weltweit niemand, wie sich speziell SARS-CoV-2 entwickeln wird. Dieser Erreger gehorcht nämlich keinen „Regeln“, wie wir sie von anderen Viren kennen. Er ist nach wie vor in seiner ganzen Tragweite nur schwer einschätzbar.

Das bestätigt Chefarzt Dr. Skoumal und erklärt, warum eine Corona-Infektion so verheerend sein kann: „Das Virus bewirkt im Organismus einen regelrechten Zytokinsturm. Zytokine sind Stoffe, die eine überaus starke, überschießende Immunantwort auslösen. Der befallene Körper zeigt eine enorme Entzündungsreaktion, die praktisch alle Gewebe betreffen kann.“ Daraus ergeben sich fatale Folgen, die zum Tod oder lebenslanger Invalidität führen. Der Facharzt erläutert genauer: „Durch die massive Entzündung verkleben sich kleinste Blutgefäße. Diese können dann die ihnen zugeordneten Gewebeareale nicht mehr mit Blut und Sauerstoff versorgen. Mit möglichen Auswirkungen wie dem Absterben von Gliedmaßen (vor allem Zehen, Finger) und nicht mehr funktionsfähiger Lunge.“

Zitat Icon

Mein Appell an junge Menschen, die bisher Regeln missachtet haben: Helft bitte mit, andere Menschen zu schützen!

Dr. Martin Skoumal, Internist, Rheumatologe und Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt (PVA)

Vergleichbar mit einem Herzinfarkt. Ist die Blutzufuhr zur „Pumpe“ durch Verengung eines oder mehrerer Arterien (Herzkranzgefäße) blockiert oder zu stark gedrosselt, stirbt der Herzmuskel schlicht und einfach ab. Je mehr Muskel kaputt ist, desto geringer sind die Überlebenschancen. Das Coronavirus kann bekanntlich auch zu nervlichen Ausfällen führen, wie Dr. Skoumal erinnert: „Deshalb klagen Kranke oft über fehlenden Geruch- und Geschmacksinn, Störungen der Sensibilität, Schwindel oder Taubheitsgefühl. Aber besonders dramatisch ist, wie schon erwähnt, die Bedrohung für die Lunge. Mitunter rettet nur noch eine Organtransplantation das Leben. Auf jeden Fall ist die Gefahr bleibender Atemnot groß - man kann dann kaum mehr Stiegensteigen!“

Auf die Frage, warum derzeit deutlich weniger ältere Menschen infiziert sind bzw. hauptsächlich jüngere, gibt Notfallmediziner Skoumal eine klare Antwort: „Die Generation 50 plus hat auf die Krise nachweislich umsichtig reagiert. Nachholbedarf bezüglich Einhaltung der Maßnahmen haben zum Teil die 15- bis 30-Jährigen.“ Daher richtet der Arzt einen dringenden Appell an die Jüngeren unter uns, dem sich die „Krone“ anschließt: „Ich kann nur an alle appellieren, die Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken, Einhaltung des Sicherheitsabstandes und Händewaschen einzuhalten, um nicht mit einer unnötigen Sorglosigkeit andere Menschen zu gefährden. Für viele Menschen ist diese Virusinfektion schon tödlich verlaufen. Wir können alle dazu beitragen, andere zu schützen. Also sollten wir das auch tun!“

Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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