Andreas Schicker

Vom Bölleropfer zu Sturms neuer Nummer eins

Steiermark
26.04.2020 05:45

Der Werdegang, den Ex-Fußballprofi Andreas Schicker hinlegte, ist ein ganz spezieller. Ende 2014 veränderte ein Unfall sein Leben, ein Böller zerfetzte ihm die linke Hand. Nun aber dirigiert der erst 33-jährige Schicker als Sportchef Sturm, den größten Klub in der Steiermark. Im Interview mit der „Krone“ spricht Schicker über Kraftorte, seine Motivation und den neuen Job als Geschäftsführer Sport. 

„Krone“:Andi, man darf dich als steirischen „Bauern-Buam“ bezeichnen. Wo holst du dir jene Kraft, von der du jetzt für Sturm viel brauchen wirst?

Andreas Schicker: Wir haben einen Bauernhof in Oberaich, dort hab ich schon als Chefscout Energie getankt. Ein perfekter Ort, wo auch der Handyempfang nicht immer optimal ist (lacht). Wir haben Hühner, einen Teich - es ist perfekt, wenn du eine Forelle fischst und sie dir am Abend auf den Griller haust. Günter (Anm. Kreissl) oder Nestor (Anm. El Maestro) waren schon dort. Zudem haben wir eine Sauna, da gibt’s eine Almsaunaparty mit Freunden. Wenn ich das künftig auch hin und wieder schaffe, hoffe ich, dass es mich länger in der Rolle als Sturm-Geschäftsführer gibt (lacht).

Fünf Jahre ist es her, dass dein Leben durch einen Böllerunfall (Anm. Schicker verlor seine linke Hand, die rechte war stark beeinträchtigt) eine brutale Wendung erhielt. Jetzt sitzt du hier als Sturms Nummer eins. Was hat dich wieder aufstehen lassen?

Mir war schnell klar, dass es in unserer heutigen Gesellschaft kein Mitleid gibt. Das heißt, du musst selber auf die Füße kommen. Du musst Ziele vor Augen haben. Wenn ich es jetzt schaffe, mit meiner rechten Hand, auf die ich umgelernt habe, mit dem Akkuschrauber eine Schraube reinzudrehen, dann ist das ein Erfolg. Das holt dich wieder ins Leben zurück. Im Fußball hab ich Gott sei Dank die Chance bei Wr. Neustadt bekommen. Ein Verein, wo ich schrittweise gelernt habe. Da hab ich auch nach und nach Ziele erreicht. Ich hab als erster Spieler mit Armprothese gespielt. Ich bin überraschend zum Sportdirektor bestellt worden. Wir haben dann mit einer No-Name-Truppe um den Aufstieg mitgespielt. Solche Erfolge geben Selbstvertrauen. Das nehm ich zu Sturm mit. Wichtig ist, nichts zu überstürzen. Ehrgeiz und Geduld können Berge versetzen.

Sturm und Neustadt kann man aber nicht vergleichen. Wo lauern Gefahren für dich in deinem neuen Job?

Bei einem Verein wie Sturm kommt viel auf dich zu, da läufst du Gefahr, dass du in meiner Position zu weit weg vom Sportlichen bist. Wo ich sicher den Hebel ansetze, ist, näher bei der Kampfmannschaft zu sein, mehr Gefühl dafür zu kriegen, was das Team braucht, wo ich unterstützen kann. Ich werde dem Trainer nicht in Aufstellungen reinreden, aber du kriegst einfach ein gewisses Gefühl, wenn du Trainings siehst. Schwierig wird’s sicher auch, harte Entscheidungen zu treffen, die die menschliche Ebene betreffen. Aber das habe ich schon in meinen Hearings gesagt: Es ist sicher schwerer, einem Spieler bei Neustadt, der 1500 Euro brutto verdient, zu sagen, dass er keinen Vertrag mehr bekommt als das Spielern bei Vereinen wie etwa Sturm zu sagen, die ganz andere Perspektiven haben.

Was macht Sturm speziell?

Ich hab im letzten Frühjahr gemerkt, welche Dynamik sich bei Sturm entwickeln kann, wenn’s in die falsche Richtung geht, wie schnell sich der Druck von außen auf den Gesamtverein erhöht. Es ist aber kein Nachteil, so etwas schon einmal erlebt zu haben. Beeindruckend sind die Fans, ist diese Kraft der Kurve, wie die alle versuchen auch in schlechten Zeiten die Spieler nach vorne zu peitschen. Und dafür machst du am Ende den Job ja, dafür investierst du die Stunden, schaust dir Tausende Videos an, versuchst, Spieler zu finden, die zu Sturm passen. Du willst es erleben, wenn 16.000 Leute im Stadion stehen und die Mannschaft aus einem Guss spielt. Das ist meine Motivation.

Wo packst du bei Mannschaft und Trainerteam an?

Ich denke an einen kleinen Kader, mit 15 oder 16 statt vielleicht 21 gestandenen Spielern. Dann haben auch die Jungen viel Perspektive. Der Trainer hat mein Vertrauen, ihm muss man Zeit geben, zumindest drei Transferperioden, alles andere wäre eine verfrühte Reaktion. In unsere aktuellen Spieler hab ich auch Vertrauen, aber alles hängt immer vom Endresultat ab. Generell geht’s auch darum, den Fans durch neue Spieler etwas Hoffnung zu geben. Und hoffentlich hab ich da ein glückliches Händchen (lacht). Ja, mittlerweile kann ich darüber schon lachen.

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