In schweren Zeiten „heben wir Österreicher gerne einen“. Bier, Wein und Co. stellen aber nur trügerische Hilfsmittel dar, warnen Experten eindringlich.
Der Griff zu Bierflasche oder Weinglas ist hierzulande nach wie vor ein Thema, und vor allem jetzt in Krisenzeiten. Das hat natürlich Folgen: 370.000 Österreicher gelten als alkoholkrank, knapp 735.000konsumierenregelmäßig „Geistiges“ in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß. Rund 10 Prozent der Einwohner unseres Landes fallen im Laufe ihres Lebens der Alkoholkrankheit (14% der Männer, 6% der Frauen) zum Opfer. Das Problem liegt auch in der leichten Verfügbarkeit des Getränks.
Hamsterkäufe von Hochprozentigem gehören derzeit für viele dazu. In den sozialen Netzwerken wird einander zugeprostet. Viele Eltern haben nach einem Tag Kinderbetreuung und Home-Office das Gefühl, sichmit einem „Achterl“ beruhigen zu müssen. „Gerade in schwierigen Zeiten dienen diese Getränke als Spannungs- und Angstlöser. Ab dem zweiten, dritten Glas setzt eine körperlich wie seelisch analgetische (anti-schmerzhafte) Wirkung ein, was viele als angenehm empfinden“, warnt der Suchtexperte Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Musalek, ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts in Wien.
Ein Rausch macht die Probleme nicht besser
Leider wirkt Alkohol höchstens kurze Zeit, auf lange Sicht verschlimmert er nur die Schwierigkeiten. In Wahrheit verstärken Bier, Wein und Co. traurig machende Zustände. „Es steht zu befürchten, dass die Österreicher in der Isolation mehr trinken werden. Schließlich gibt es derzeit kaum Tagesstruktur, niemand ,schaut genau hin’, wann der erste Drink genommen wird. Menschen, die schon vor der Krise an der gefährlichen Grenze zum Alkoholismus schlitterten, könnten nun leichter ,abstürzen’“, warnt Prim. Musalek. Dabei sollte man gerade jetzt weniger Alkohol trinken, denn dieser stört die Immunabwehr massiv.
Alkohol ist kein Seelentröster!
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Musalek, Anton Proksch Institut Wien
Deshalb gilt gerade in Krisenzeiten: Füllen Sie Ihren derzeit vielleicht eher langweiligen Alltag oder die freie Zeit mit schönen Aktivitäten wie Musik, Kunst oder Bewegung (in den eigenen vier Wänden). Auch in der modernen Alkoholtherapie wird diese Konzentration auf „Schöneres“ angewendet. Nur Ersatz reicht nicht aus, die Droge Alkohol muss „übertroffen“ werden.
Eva Greil-Schähs, Kronen Zeitung
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