Es war mehr als gewöhnungsbedürftig, dass der 7er-BMW mit Plug-in-Hybrid nur einen Vierzylinder unter der Haube hatte. Aber man ist in München ja lernfähig: Mit dem Facelift hielten zwei Extra-Zylinder Einzug, der Reihensechszylinder wertet das Luxusgefühl in der Flaggschiff-Limousine immens auf. So kann ein Oberklasse-BMW gerne klingen! Natürlich gibt es auch mehr Motorleistung und sogar ein paar Kilometer mehr E-Reichweite. Also alles gut? Na ja, wie man‘s nimmt …
Mit dem Facelift kamen bekanntlich auch die neuen Riesennieren, die wir bereits ausführlich thematisiert haben. Wirst sehen, haben sie gesagt, du wirst dich dran gewöhnen, haben sie gesagt. Außerdem sehen sie in natura besser aus als auf Fotos, haben sie gesagt. Und was sage ich? Nein. Ich habe alles versucht, sie doch mögen zu können. Aber es gelingt mir nicht. Nach zwei Tagen ist mir aufgefallen, dass ich meinen Testwagen noch kein einziges Mal von vorn angeschaut habe. Ich erschrecke jedes Mal von Neuem, wenn mein Blick auf die Nieren fällt. Aber ja, natürlich ist das alles subjektiv, es gibt Kunden, denen diese Front (und auch das etwas schwerfällige Heck) gefällt. Wahrscheinlich vor allem in Asien. Sie werden bei BMW schon wissen, was sie tun.
Sie wissen, was sie tun
Über Geschmack kann man grundsätzlich nicht streiten, und am Auto an sich gibt es nur wenig auszusetzen. Wir haben es hier mit der Topversion zu tun, also mit langem Radstand, Allradantrieb und allerlei Sonderausstattung, die den Preis auf knapp 160.000 Euro steigen lässt. Das schöne Gefühl, keine NoVA zahlen zu müssen, ist inklusive. Ein Schnäppchen also. Sozusagen.
Auch das hellbraune, weiche, gesteppte „Exklusivleder Nappa“ vermittelt ein angenehmes Gefühl, ein wohliges geradezu. Vor allem auf den Rücksitzen, wo 5,26 Meter Fahrzeuglänge und 3,21 Meter Radstand in logischerweise opulenten Platzverhältnissen ihren Ausdruck finden. Hier hat man auch Zeit, den Blick schweifen zu lassen. Oder sich mit Entertainment & Co zu spielen. Weniger opulent ist das Kofferraumvolumen von 420 Litern. Noch weniger opulent der Tank, und damit sind wir auch schon beim Fahreindruck.
Mehr Motor, mehr Reichweite
Auch das Fahren ist ein Genuss. Das Fahrwerk ist komfortabel, ohne die sportlichen Wurzeln des Unternehmens zu verraten, die Lenkung gefühlvoll und die Größe des Fahrzeugs schränkt die Handlichkeit erstaunlich wenig ein. Dass dieses Schiff mit nicht einmal 2,1 Tonnen (nach DIN, also ohne Fahrer gemessen) relativ leicht ist, darf man BMWs Leichtbaufähigkeiten bzw. dem Carbon Core zuschreiben. Der 745Le xDrive fährt geradezu leichtfüßig. Und wenn es ans Rangieren geht, übernimmt die Assistenzarmada: Bis 50 Meter fährt der BMW auf dem zunächst vorwärts zurückgelegten Weg retour. Das verringert allerdings nicht den 12,9 Meter messenden Wendekreis.
Zum Antrieb. So kann man sich einen Plug-in-Hybrid-Antrieb wünschen. Der Dreiliter-Sechszylinder läuft wie erwartet höchst seidig, bildet mit dem E-Antrieb eine harmonische Einheit in Arbeitsteilung und vermittelt die Kraft sanft über die Achtgangautomatik an die Räder. 286 PS und bereits ab 1500 Touren 450 Nm liefert der Benziner, der Elektromotor steuert 113 PS und 265 Nm bei. Gemeinsam sorgen sie für eine Systemleistung von 394 PS und ein Systemdrehmoment von 600 Nm. Die Vor-Facelift-Version kam mit dem Vierzylinder lediglich auf 326 PS. Das heißt, man ist nun endlich standesgemäß motorisiert. 5,1 Sekunden reichen für den Sprint auf 100 km/h, Vmax 250 km/h. Im Sportmodus, wo alles auf Performance getrimmt ist, geht es richtig sportlich zur Sache, großes Kino.
Wer regelmäßig ansteckt, gewinnt
Als rein elektrische Reichweite gibt BMW jetzt 50 bis 54 Kilometer an, was im Alltag unrealistisch ist, außer man trägt das Auto spazieren. Knapp 40 Kilometer sind aber allemal drin. Man darf dann nur nicht die maximal möglichen 140 km/h ausreizen, das frisst rasant Reichweite. Im Stadtverkehr kommt man elektrisch gut zurecht, ohne zum Hindernis zu werden. Außerhalb braucht man unter Umständen etwas Geduld: Der Sprint auf 100 km/h erfordert 19 Sekunden. Besser man fährt im Hybridmodus. Dabei kann man am Display genau ablesen, wie viel Gas man geben kann, bevor sich der Verbrenner zuschaltet.
Ich bin im Test auf einen Durchschnittsverbrauch von gut fünf Litern gekommen, habe aber relativ oft angesteckt. Mit leerem 12-kWh-Akku stieg der Spritverbrauch auf nicht zu knapp zweistellige Werte. Klar, ein Sechszylinder in einem über zwei Tonnen schweren Fahrzeug will unterhalten werden. Dumm nur, dass der Tank lediglich 46 Liter fasst. Das macht die Reichweite relativ überschaubar.
Ist das nun umweltfreundlich? Kommt darauf an. Plug-in-Hybride werden oft von Firmen gekauft, nicht von Privatpersonen, die sich bewusst dafür entscheiden, um regelmäßig elektrisch zu fahren. Und man braucht schon eine gewisse Motivation, um das Auto an die Steckdose zu hängen. Lädt man den Akku mit Ökostrom, ist das schon ganz gut fürs Gewissen. Und im 7er fast lautlos zu gleiten ist ein erhebendes Gefühl.
Unterm Strich
Der 7er-BMW ist ein hervorragendes Luxusauto und fühlt sich jetzt endlich auch als Plug-in-Hybrid richtig gut an. Das Manko des kleinen Tanks bleibt erhalten, das Facelift-Design sorgt für zusätzliche Irritation. Aber sagen wir es so: Der Umgang mit dem BMW 745Le ist durchwegs ein Genuss. Was die großen Nieren betrifft: Wenn man im Auto sitzt, sieht man sie nicht; parken kann man mit der Schnauze zur Wand - und auf der Straße könnten sie das Prestige erhöhen. Nicht nur in China, sondern auch im Rückspiegel des Vordermannes.
Warum?
Sehr stimmiger Antrieb
Top als luxuriöses Fahrerauto
Warum nicht?
Geringe Reichweite
Oder vielleicht …
… Mercedes S 560 e, Porsche Panamera 4 E-Hybrid, Audi A8 60 TFSI e quattro
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