Katias Kolumne

Frauenmorde: Was läuft falsch in der Gesellschaft?

Österreich
16.01.2019 10:43

Es kann getrost von einem besonders blutigen Start in das neue Jahr gesprochen werden: 2019 ist erst knappe zwei Wochen alt, dennoch sind bereits jetzt vier kaltblütige Morde zu beklagen. In allen vier Fällen waren die Opfer Frauen. Es sind schon lange keine Einzelfälle mehr. Österreich, wir müssen dringend reden.

Das neue Jahr beginnt so mörderisch, wie das alte geendet hat. Es scheint sich jener grausame Trend, der schon 2018 für Entsetzen gesorgt hat, auch in diesem Jahr nahtlos fortzusetzen. Erst am Dienstag wurde am Wiener Hauptbahnhof eine 25-jährige von ihrem Bruder niedergestochen. Zuvor sorgte am Wochenende jener Fall aus Wiener Neustadt für Schlagzeilen, bei dem ein 16-jähriges Mädchen erwürgt aufgefunden wurde. Solche Meldungen scheinen immer mehr zum Alltag zu gehören und man fragt sich: Was ist los mit Österreich?

Die blinden Flecken unserer Gesellschaft
Es sind Zahlen, die fassungslos machen: Vergangenes Jahr waren von Jänner bis November von den 70 Mordopfern 41 Frauen - das ist selbst im europäischen Vergleich ein trauriger Rekordwert. Über das Warum hinter den Frauenmorden muss dringend gesprochen werden, es bedarf Analysen und politischer Konsequenzen, denn schließlich sind Frauenmorde entgegen so manch medialer Beschwichtigung keine traurige Privatsache, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das es zu lösen gilt. Und das möglichst bald.

Effektive Präventionsarbeit
Obwohl es für viele ein unliebsames Faktum ist, scheint in diesem Kontext eine weitere Zahl nennenswert zu sein: bei diesen 70 Morden wurden 76 Tatbeteiligte ausgeforscht. Von diesen waren 41 Österreicher und 35 sogenannte „Fremde“. Auch diese Bilanz darf und muss möglichst breit diskutiert werden - und das ohne leichtfertige Rassismus-Unterstellung jedem gegenüber, der es wagt, diese verhältnismäßig hohe Zahl anzusprechen, und ohne unsachliche und/oder politisch motivierte Verallgemeinerung. Ziel der Debatte muss sein, Schlüsse für eine effektive Präventionsarbeit ziehen zu können. Und das funktioniert nur mit größtmöglicher Sachlichkeit, Offenheit und Transparenz. Kleinreden, automatisches Nazi-Geheul oder Relativieren helfen dabei keinem.

Es hilft nur, darüber zu sprechen
Es muss geklärt werden: Warum sind in unserem Land vor allem Frauen Gewalt ausgesetzt? Warum kann so mancher nicht mit Zurückweisung umgehen? Gibt es Kulturen, die ein althergebrachtes, patriarchales Gesellschaftsbild vertreten, das Frauen einer erhöhten Gewaltgefahr aussetzt? Wenn ja: Wie soll damit in unserem Land umgegangen werden, um alle Frauen gleichermaßen vor Straftaten zu schützen? Und klarerweise: Was kann getan werden, um ein gewaltfreies Miteinander zu ermöglichen?

Problem anerkennen
Bevor wir in einer breit angelegten Diskussion darüber reden, wer wie lange schläft und wann aufsteht, sollten wir uns lieber darüber Gedanken machen, was in unserer Gesellschaft falsch läuft und wie man das gestiegene Gewaltpotential vor allem Frauen gegenüber wieder eindämmen kann. Der erste Schritt dorthin ist jedenfalls, das Problem anzuerkennen. Und dass wir ein Problem haben, sollte bei den traurigen Fällen der vergangenen zwei Wochen mittlerweile jedem klar sein. Hoffentlich auch der Politik.

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