Karriere an der Kippe

Bei WM-Aus droht Korea-Star langer Militärdienst

WM 2022
26.06.2018 13:37

Südkorea hat vor dem letzten Gruppenspiel gegen Deutschland (Mittwoch, 16 Uhr) noch eine ganz kleine Chance aufs Weiterkommen. Doch die Stimmung bei den „Tigers of Asia“ ist angespannt. Kapitän Sung-yong Ki ist verletzt, Rechtsverteidiger Hyun-Soo Jang das Opfer einer „Hexenjagd“ in der Heimat und Starspieler Heung-Min Son droht der Einzug zum Militärdienst. Der 25-Jährige muss aufgrund des nahenden Ausscheidens der Südkoreaner für 21 Monate zum Militär. Der ist in Südkorea absolute Pflicht, ein Nicht-Antritt wird mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet. Doch nun hängt seine Karriere in den Seilen. Seine einzige Hoffnung ist ein entsprechender Aufschub seitens des Präsidenten Sükoreas. 

Gegen den regierenden Weltmeister Deutschland geht es für Südkorea um die minimale Chance aufs Weiterkommen, für den früheren Deutschland-Legionär Son vielleicht sogar um seine Karriere. Doch das Gesetz in Südkorea besagt, dass der mindestens 21-monatige Militärdienst unter bestimmten Umständen nur bis zum 27. Lebensjahr aufgeschoben werden kann. Am 8. Juli wird Son 26 und hat ihn bisher nicht geleistet, weil er von 2008 bis 2015 in Deutschland für den Hamburger SV und Bayer Leverkusen spielte. Und Ausnahmen gewährt die Regierung nur bei sportlichen Ausnahme-Erfolgen. 2002 wurde der damals für Manchester United spielende Ji-Sung Park nach dem Halbfinal-Einzug bei der WM 2002 von der Pflicht befreit. Der Golfer Sang-Moon Bae wurde dagegen 2015 eingezogen, nachdem er schon 15 Profiturniere gewonnen hatte. Er musste seine Karriere unterbrechen. 

Son braucht Ausnahmeregel
Ob die WM Son den Militärdienst ersparen kann, ist aber offen. Vorgesehen sei die Ausnahmeregel nicht einmal bei einem Sieg über Deutschland und einem Einzug ins WM-Achtelfinale, teilte der Verband KFA mit: „Es sei denn, es gibt eine entsprechende Weisung des sükoreanischen Präsidenten.“ Dieser, Moon Jae In, ist zumindest Son-Fan und lobte nach dem Stadion-Besuch beim 1:2 gegen Mexiko das „Weltklasse-Tor“ des Stürmers von Tottenham Hotspur. Mittlerweile hat er sich beim britischen Spitzenklub etabliert und ist das Aushängeschild des südkoreanischen Fußballs.

Asienspiele als einzige Chance für Son?
Offiziell teilte der Verband mit, Sons einzige sichere Chance zur Befreiung vom Dienst seien die heurigen Asienspiele in Indonesien: „Sollte die südkoreanische Nationalmannschaft dann die Goldmedaille holen, wären die Spieler vom Dienst befreit.“ Son erwägt nun offenbar die Teilnahme an diesem Turnier Ende August. 2014 gewann Südkorea die Asienspiele, doch Leverkusen hatte ihm die Freigabe verweigert. In der Regel können südkoreanische Sportler vom Wehrdienst befreit werden, wenn sie bei Olympischen Spielen eine Gold-, Silber- oder Bronzemedaille holen oder eben bei Asienspielen Gold gewinnen. Anders als Son hat ein Großteil seiner Kollegen der Nationalmannschaft den Militärdienst schon hinter sich. 

Gibt‘s keine Befreiung, muss Son spätestens im Jahr 2019 zum 21-monatigen Militärdienst antraben. Dies hätte vor allem fatale Folgen für Totenham. Damit müsste der englische Topklub die komplette Saison 2019/2020 und den Großteil der darauffolgenden Saison auf Son verzichten. 

Mobbing in der Heimat: „Vertreibt Jang und seine Familie aus Korea“
Derweil muss sich Abwehrspieler Hyun-Soo Jang in der Heimat heftigen Mobbings der Fans erwehren. Auf der Seite des Präsidialamtes sind mehr als 300 Petitionen gegen den Verteidiger eingegangen. Sie tragen Namen wie „Vertreibt Jang und seine Familie aus Korea“. Die Zeitung „JoongAng Ilbo“ sieht in der Aktion eine regelrechte „Hexenjagd“. Jang hatte beim 1:2 im zweiten Gruppenspiel gegen Mexiko mit einem Handspiel den Elfmeter zum 0:1 verursacht. Nach Informationen von „JoongAng Ilbo“ haben nach zahlreichen Zwischenfällen in den sozialen Medien seit WM-Beginn bereits mehrere Spieler und deren Familienmitglieder ihre Accounts gelöscht.

Ein Sprecher des Verbandes KFA nannte die Reaktionen „zu hart“ und stellte klar, dass der Verband ihm den Rücken stärke: „Wir haben nicht vor, Jang aus dem Team zu nehmen. Jang ist der beste Verteidiger, den Korea hat.“ Ob der 26-Jährige vom FC Tokio gegen Deutschland spiele, sei Entscheidung des Trainers. Ein Sprecher des Präsidialamtes sagte: „Das ist nur ein Ausdruck der Ärgers. Jeder kann sich frei auf der Website des Präsidialamts äußern. Das hat seine guten und seine schlechten Seiten.“

Mit dem Weiterkommen rechnet derweil kaum jemand ernsthaft. Die Chance beziffern Spieler und sogar der Verband offiziell auf ein Prozent. Dieses sieht man in der Möglichkeit über Konter mit dem schnellen Son. „Deutschland wird risikoreicher spielen als in den ersten beiden Spielen, weil sie Tore brauchen“, sagte Mittelfeldspieler Se-Jong Ju: „Wenn wir solide verteidigen und gut kontern, haben wir eine Chance.“ Schwer wiegt aber die Wadenverletzung von Kapitän Ki. Er sei „das Herz der Mannschaft“ und sein Ausfall deshalb ein „schwerer Verlust“, schrieb der Verband.

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(Bild: KMM)



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