Die Wahl der Befragten erfolgte dabei nicht zufällig: Es wurden nämlich nur Menschen für die Studie herangezogen, die in den vergangenen vier Jahren zumindest ein traumatisches Erlebnis, etwa eine Krankheit oder einen Todesfall, verarbeiten mussten. Der Glaube, so die bisher vorherrschende Meinung im Sinne von "Religion als Opium fürs Volk", hätte den Menschen über solche Traumata hinweghelfen müssen.
Bild von strafendem Gott schadet
Doch das "Opium" scheint nicht einmal ein Placebo zu sein: Die Forscher fanden nämlich überhaupt keinen Hinweis darauf, dass Religionen einen positiven Effekt auf das psychische Wohlbefinden haben. Negative Auswirkungen wurden dagegen zuhauf festgestellt, vor allem dann, wenn der Befragte ein negatives Gottesbild hatte, mit Gott als Strafer und Rächer für die Sünden.
"Es hat uns sehr überrascht, dass Religiosität nicht in Verbindung mit weniger Depression und Angst gebracht werden konnte", sagte Bernd Krämer, Oberarzt an der Psychiatrischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich und einer der Autoren der Studie. Er führt dies darauf zurück, dass die Menschen bei Unheil, das ihnen trotz ihrer Religiosität widerfährt, mit Gott zu hadern beginnen und in ihren Überzeugungen unsicher werden.
Forscher: "Ärzte müssen auf Religiosität eingehen"
Die Ergebnisse der Studie nimmt man bei den Forschern jedenfalls zum Anlass, bei den Ärzten mehr Einfühlungsvermögen für die Religiosität ihrer Patienten einzufordern. Sie müssten lernen, auf psychische Krisenzustände aufgrund negativer Gottesbilder reagieren zu können. Krämer hat für gläubige Menschen, die das alles nicht glauben mögen, aber auch noch eine gute Nachricht: "Keine Frage: Wir sind weit davon entfernt, den Einfluss der Religion auf die Psyche vollständig erfassen zu können."
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