Okkervil River sind dann auch das erwartete Highlight gewesen, das es in fast perfekter Weise schaffte, Anspruch und Eingängigkeit zu vereinen. Mit ihren Pop-Avancen sprengten sie den Rahmen des "Blue Bird"-Festivals, doch nachdem dieses Songwriting vor allem als Ausdruck von Emotionen verstanden werden will, passte die Band rund um Frontmann Will Sheff dann doch wieder ins Konzept.
Springsteen ohne Führerschein
Dieser offenbarte sich als eine Art Bruce Springsteen ohne Führerschein, denn obgleich er dessen mitreißende Präsenz für sich reklamieren konnte, war Sheff sozusagen dessen testosteronreduziertere Ausgabe. Mit einer Coverversion von Leonard Cohens "Take This Waltz" im Zugabenteil bot man auch einen eleganten Bezug zur Stadt. Die Texaner waren jedenfalls zu Recht die teuerste Band des Festivals und wurde vom Publikum auch dementsprechend gefeiert. Obwohl auch die anderen drei Bands - darunter die beeindruckende Österreicherin Marilies Jagsch - keine Schwächen zeigten, gehörte der finale Tag eindeutig Okkervil River.
Ironische Dialoge mit dem Publikum
Mehr Licht als Schatten bot bereits der Auftakt des Festivals am Donnerstag, der mit der Irin Wallis Bird begann und in ihr auch gleich den Höhepunkt des ersten Abends fand. Neben temperamentvoller und berührender Musik sorgte sie für (selbst-)ironische Dialoge mit dem Publikum. Cloud Nine, die Band um den Wiener Musiker Joe Hartmann war hingegen der schwächste Act an deisem ersten Tag.
"Soko" wouldn't kill her
Das "Zugpferd" des ersten Abends war ohenhin "Soko" aus Frankreich. Doch der vom Publikum vehement geforderte Hit "I'll kill her" blieb leider aus. Dennoch begeisterte die Pariserin mit Gitarre, Ukulele und Schlagzeug sowie mit ihrer Mischung aus gebrochenem Girlie-Pop und zelebriertem Anti-Folk. Einen schweren Stand hatte danach die zweite Irin, denn nach Soko gab es für viele Songwriter-Afficinados kein Halten mehr - und anstatt Maria Doyle Kennedys solidem elegischen Auftritt zu lauschen, trat man lieber die Heimreise an.
Keine Blöße gab sich das Quartett des zweiten Tages. So sorgten die mit Streich- und Zupf-Instrumenten ausgerüsteten Briten von The Miserable Rich für einen zwar zurückhaltenden, doch soliden Auftakt, der vor allem von der stimmlichen Präsenz des Sängers geprägt war.
"Baby Dee" mit imposantem Auftritt
Theatralisch eindringlich, erhaben und zugleich gebrochen - so präsentierte sich dann Baby Dee am Klavier. Klassische Elemente, Varieté und Folk wurden hier vermengt und nahmen vom ersten Takt an gefangen. Die 54-jährige Musikerin, die eigentlich als Mann das Licht der Welt erblickte, sich ihrer zugedachten Geschlechterrolle aber verweigert hat, empfahl sich mit ihrem imposanten Auftritt nachdrücklich.
Zwiespältigster Auftritt des Festivals
Ob der darauffolgende Auftritt von Michael Gira dann das Highlight war, darüber schien es im Publikum divergierende Meinungen zu geben. Fakt ist, dass Gira ein Künstler ist, der die Geschichte der Independent-Musik in den 80er Jahren mit seiner 1997 aufgelösten Band The Swans mitgeprägt hat. Am Freitag erschien er als Solist mit Gitarre und bewies, dass man nicht unbedingt auf melodische Eingängigkeit setzen muss, um zu beeindrucken. Seine, im Grunde allein durch seine Stimme geprägte Bühnenshow, war eine Offenbarung des Unheilvollen. Mit seinen bildhaften Texten, die Gira mit einer massiven Dringlichkeit darbot, lieferte er wohl den zwiespältigsten Auftritt des Festivals.
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