Jeden Tag schlittern derzeit in Wien sieben Firmen in die Pleite, und Besserung ist nicht in Sicht: Bis zum Ende des Jahres erwarten der Kreditschutzverband 1870 in der Bundeshauptstadt 2700 Firmenpleiten. Wankende Immo-Riesen bestimmen das Bild, verdecken dabei ein anderes wirtschaftliches Problem.
1366 Wiener Unternehmen sind in den ersten sechs Monaten des Jahres von einer Insolvenz betroffen. Das bedeutet ein Plus von 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit passieren vier von zehn österreichischen Firmenpleiten in Wien. Für „realistisch“ hält der KSV, dass die Zahl bis Jahresende auf 2700 ansteigt. Weiterhin hohe Energiepreise und Personalkosten, Inflation und die weltpolitische Lage würden keine andere Prognose möglich machen, so Insolvenzexperte Jürgen Gebauer.
Sinkende Schulden nur vermeintlich gute Nachricht
Dass die Schuldensummen der insolventen Unternehmen ein Viertel unter dem Vorjahr liegen, ist nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Zum einen verzerrten 2024 die Rekordpleiten im Signa-Imperium von René Benko das Bild. Vergleicht man die 2,65 Milliarden Euro an Passiva von heuer mit den Jahren abseits davon, liegt das weit über dem Durchschnitt. Zum anderen sind die Summen heuer auch geringer, weil bei inzwischen 40 Prozent aller Wiener Insolvenzen nicht einmal ein Konkurs eröffnet wurde – weil sogar dafür zu wenig Geld da war.
Die Immobilienbranche, die weiterhin in der Krise steckt, trägt immer noch zu den hohen Passiva bei. Auch heuer sind bisher 194 Unternehmen aus dieser Branche pleite gegangen. Wie befürchtet, ziehen sie Baufirmen mit in die Tiefe: 205 von ihnen gingen ebenfalls in Insolvenz. Das ist jedoch die versteckte, tatsächlich ansatzweise gute Nachricht in der Statistik: Branchenkenner hatten eine noch weit verheerendere Wirkung auf die Baubranche erwartet.
Der Spitzenreiter in der Wiener Insolvenzstatistik ist mit 209 Unternehmen allerdings der Handel. Das ist nicht zuletzt ein Spiegel der Vermögenssituation in der Bevölkerung. In den vergangenen sechs Monaten gab es in Wien auch 1615 Privatkonkurse, ein Plus von 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit trauriger österreichweiter Rekord – und das noch dazu mit einer Steigerung von 52,2 Prozent im Jahresabstand bei den Summen.
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