"Mordschwestern"

Nach Entlassung wartet gesicherte Existenz

Österreich
17.07.2008 14:41
Wenn Langzeithäftlinge - wie die wegen Mordes verurteilten Lainzer Stationsgehilfinnen alias „Mordschwestern“ (Foto) - nach 19 Jahren bedingt aus dem Gefängnis entlassen werden, ist ihre materielle Existenz gesichert: Die Verpflichtung zum Arbeiten im Strafvollzug begründet einen Anspruch auf Arbeitslosen- und Sozialversicherung. Sollte die „Arbeitslose“ nicht zum Überleben ausreichen, gibt es Sozialhilfe. Entlassene „Lebenslängliche“ können auch ihren Namen ändern lassen. Die mittlerweile 49 und 46 Jahre alten Frauen haben das angeblich geplant.

„Österreich ist hier im internationalen Vergleich in einer sehr guten Situation“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins „Neustart“, Karin Waidhofer. „Mehr als 90 Prozent der Haftentlassenen sind über diese Arbeitslosenversicherung abgesichert.“ Weniger einfach ist es für die Betroffenen mit der sozialen Integration. „Die Menschen haben vielfach ihre sozialen Kontakte abgebrochen. Vereinsamung im mittleren und höheren Lebensalter ist ein großes Problem. Da stellen sich Fragen wie: Was kann ich mit meinem Leben anfangen? Wer will mich noch? Wer schätzt meine Fähigkeiten?“

Namensänderung kein leichter Schritt
Eine Änderung des Namens - wie angeblich von den wegen 15- bzw. fünffachen Mordes zu lebenslang verurteilen Lainz-Schwestern geplant - ist nach Darstellung Waidhofers kein leichter Schritt: „Eine Namensänderung hat nicht nur eine Anonymisierung zur Folge, sondern kann auch psychologische Probleme auslösen. Der Name ist ein wesentlicher Teil der eigenen Identität.“ Ein anderer Name ändere nichts an der eigenen Lebensgeschichte und damit an der Straftat. „Es ist ein Mittel, das einer Aufarbeitung bedarf.“

152 „Lebenslängliche“ in Österreich hinter Gittern
Die beiden Frauen sind mittlerweile mehr als 19 Jahre in Haft. Nach Angaben von Generalleutnant Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion saßen mit Stichtag 1. Dezember 2007 152 „Lebenslängliche“ in österreichischen Strafvollzugsanstalten, nur sechs von ihnen sind weiblich. Die meisten verbringen 20 bis 25 Jahre in Haft, ehe sie bedingt vorzeitig entlassen werden können. Ausgenommen sind nach Angaben von Thomas Geiblinger, Sprecher des Justizministeriums, Häftlinge im Maßnahmenvollzug ohne Prognose (geistig abnorme Straftäter) sowie Terroristen.

Die Möglichkeit, zu lebenslanger Haft verurteilte Menschen zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach 15 Jahren freizulassen, wird nach Darstellung Prechtls kaum genützt. „Mir fallen auf Anhieb nur zwei solche Fälle ein. Einer davon war Jack Unterweger, er war etwas mehr als 15 Jahre in Haft“, sagte der langjährige Mitarbeiter der Justizwache. In diesem Fall wurde, wie sich nachträglich herausstellte, falsch geurteilt: Denn der als „Häfenliterat“ berühmt gewordene Unterweger wurde später für eine Reihe von Prostituiertenmorden schuldig gesprochen und beging in der Nacht nach der Urteilsverkündung Selbstmord.

Von Blauensteiner bis Weinwurm
Es gibt immer wieder Menschen, für die lebenslänglich tatsächlich lebenslänglich bedeutet: Elfriede Blauensteiner starb 2003 im Alter von 72 Jahren als verurteilte Dreifachmörderin, der als Wiener „Opernmörder“ in den 60er Jahren bekanntgewordene Josef Weinwurm mit 74 im Jahr darauf. Bereits sieben Jahren sind seit dem Tod von Udo Proksch vergangen. Der im Zusammenhang mit der Affäre Lucona unter anderem wegen sechsfachen Mordes verurteile einstige Liebling der Wiener Society starb mit 67 nach einer Herztransplantation. Zum Begräbnis kamen 300 Trauergäste.

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