Steuern "vergessen"

Grasser kleinlaut – ÖVP: “Verheerende Optik”

Österreich
28.01.2011 11:32
Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat nach Bekanntwerden seiner Selbstanzeige beim Finanzamt erstmals ein Schuldbekenntnis abgegeben. Es war "klar mein Fehler", sagte er im "Morgenjournal" des ORF-Radio am Freitag. "Das darf einem ehemaligen Finanzminister nicht passieren." Nun sei seine steuerliche Situation "absolut perfekt". Die ÖVP sprach unterdessen von einer "verheerenden Optik".

Er habe die Sache selbst angezeigt, führte Grasser zu seinen Gunsten an. "Ich hab's selbst sofort korrigiert, daher glaube ich, dass es doch ein, so hoff ich, entschuldbarer Fehler sein soll", sagte Grasser. Grasser hat für die Jahre 2002 bis 2008 eine Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung gemacht. Bisher hatte sich Grasser als von Justiz und Finanz verfolgt präsentiert.

In der Zeit, wo er noch in der Privatwirtschaft tätig war, habe er eine Vermögensverwaltung in Kanada aufgemacht. Begonnen habe er mit 35.000 Euro seines Geldes, die er dorthin eingezahlt habe. "Und dann hab' ich das komplett aus den Augen verloren, ja, weil ich überhaupt keine Zeit hatte, mich nicht damit beschäftigt hab'." Er habe gesehen, dass das Geld dort "leider Gottes immer weniger wird".

"Hatte keine Ahnung, dass ich dafür Steuern zahlen muss"
Vor ein paar Jahren habe er die Veranlagung dann beendet und 25.000 Euro zurückbekommen. "Ich bin daher nicht einmal auf die Idee gekommen, dass ich dafür Steuern zahlen müsste." Im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen ihn habe er "natürlich" auch seine Steuern nochmals überprüfen lassen. Sein Steuerberater habe ihm gesagt, er hätte unterjährige Spekulationserträge versteuern müssen.

"Sobald ich's wusste, hab' ich gesagt, gut, dann zeigen wir das dem Finanzamt an." Er habe die "rund 20.000 Euro" nachgezahlt. "Daher unterm Strich, klar mein Fehler", denn "das darf einem ehemaligen Finanzminister nicht passieren, ist leider Gottes passiert", rechtfertigte sich Grasser.

"Meine steuerliche Situation ist jetzt absolut perfekt"
Natürlich hätte er es "lieber vermieden, wenn das möglich gewesen wäre", meinte Grasser. "Man red't über die Vergangenheit, das bringt relativ wenig", sinnierte er. "Ich glaube, dass meine steuerliche Situation jetzt absolut perfekt ist." Der Fehler sei "passiert" und "tut mir leid", gestand er ein. Doch der Fehler sei nun korrigiert, und damit "auch wieder gutgemacht". Noch am Samstag hatte Grasser von seiner "supersauberen Weste" gesprochen und beklagt, dass die Justiz ihn schlecht behandle. "Ich habe alles offengelegt. Das Einzige, was ich nicht möchte, ist, ein Problem mit der Finanz zu haben."

Der ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll, der während Grassers Finanzminister-Amtszeit Sprecher des Finanzausschusses war, sieht die Situation hingegen ein wenig anders. Er sprach hinsichtlich des Steuer-Fehlers von einer "verheerenden Optik". Grasser hätte "sich von Haus aus an alle Gesetze halten sollen. Der Normalfall ist, dass man seine Steuern zahlt", hält Stummvoll fest und meint, Grassers Weste sei "offensichtlich nicht mehr so strahlend weiß, wie man das früher geglaubt hat".

Ex-RH-Chef Fiedler: "Grasser fehlte offenbar der Durchblick"
Der frühere Rechnungshofpräsident Franz Fiedler merkt an, dass Grasser offenbar nicht den "kompletten Durchblick über seine Finanzen" gehabt habe. Und weiter: "Wenn man weniger gutgläubig ist, kann man auch mutmaßen, dass Grasser die Befürchtung hatte, es könnte nun auch diese seinerzeit von ihm unterlassene Entrichtung von Abgaben aufgedeckt werden und er dem noch schnell zuvorkommen wollte".

Für den Finanzrechtler Werner Doralt ist die Angelegenheit "peinlich für den früheren Finanzminister" und werfe "doch irgendwie ein bezeichnendes Licht über all das, was man in jüngster Zeit erfahren hat". Doralt hebt hervor, dass offenbar vor der strafbefreienden Selbstanzeige ein strafbares Delikt vorhanden gewesen sei.

"Grasser hätte es wissen müssen"
Karl Bruckner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, verweist wiederum darauf, dass die Besteuerung ausländischer Kapitalerträge 2003 - in Grassers Amtszeit - aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes von einer vollen Steuerbelastung auf 25 Prozent umgestellt worden sei. "Spätestens seit damals muss einem Minister bewusst gewesen sein, dass derartige Erträge steuerpflichtig sind", meint Bruckner.

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