"Schadet allen"

“Ehe für alle”: Kardinal kritisiert Höchstgericht

Österreich
05.12.2017 16:09

Die ÖVP will der gleichgeschlechtlichen Eheschließung keine Steine in den Weg zu legen. "Höchstgerichtliche Urteile sind stets zu akzeptieren und nehmen wir zur Kenntnis", so ein ÖVP-Sprecher am Dienstag. Nicht erfreut zeigt sich die FPÖ: Die Entscheidung sei zwar anzunehmen, dennoch würde Ungleiches somit gleich behandelt werden, hieß es vonseiten der Freiheitlichen. Kritik hagelte es auch vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn: "Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau."

Der Entschluss des VfGH, die Ehe auch für homosexuelle Paare zu öffnen, steht fest. Seitens der ÖVP, die gemeinsam mit der FPÖ voraussichtlich die nächste Bundesregierung stellen wird hieß es, dass man die weitere Vorgangsweise erst besprechen werde. Die bisherigen Gegner einer Öffnung der Homoehe könnten diese nach dem Spruch des VfGH nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament weiter verhindern. Eine solche ist in dieser Frage allerdings nicht zu erwarten.

FPÖ: "ÖVP hat doppeltes Spiel gespielt"
Bei den Freiheitlichen beurteilt man die Entscheidung der Verfassungsrichter kritisch. "Jetzt ist genau das eingetreten, wovor wir bereits 2009 bei Beschluss der eingetragenen Partnerschaft gewarnt haben: Dieses Instrument wird der Türöffner in Richtung einer Entwicklung sein, an deren Ende mit der sogenannten Ehe für alle, vulgo 'Homo-Ehe', Ungleiches gleich behandelt wird", meinte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Die politische Verantwortung dafür liege - neben der SPÖ - auch bei der ÖVP. "Ich bedaure, dass die ÖVP in dieser Frage nicht mit offenem Visier gekämpft hat, sondern ein doppeltes Spiel gespielt hat." Natürlich seien Urteile des VfGH anzuerkennen, was aber nicht bedeute, dass man nicht kritisch nachfragen dürfe, so Kickl.

Schönborn: "Schadet letzten Endes allen"
Deutliche Kritik an der Entscheidung des VfGH kommt auch von Kardinal Schönborn. Die Ehe sei "wie keine andere Beziehung geeignet, Kinder hervorzubringen, zu hüten und aufzuziehen und damit die Generationenfolge zu sichern. Wenn der VfGH die Einzigartigkeit und damit die juristische Sonderstellung der Ehe verneint, die auf der Unterschiedlichkeit der Geschlechter aufbaut, verneint er die Wirklichkeit", sagte der Kardinal und hielt in Richtung Höchstgericht fest: "Er tut damit der Gesellschaft keinen Dienst und schadet letzten Endes allen - auch denen, die er schützen möchte und die es auch zu schützen gilt."

Kern: "Bin sehr froh über diese Entscheidung"
Breit bejubelt wurde die Entscheidung indes in der SPÖ. Parteichef Christian Kern sprach via Facebook von einem Zeichen der Gleichberechtigung und des Respekts. "Spätestens ab 1. Jänner 2019 ist es egal, wer wen liebt in unserem Land. Ich persönlich bin sehr froh über diese Entscheidung. Wir werden wachsam bleiben und dafür sorgen, dass alle Menschen in unserem Land das Recht bekommen, zu heiraten, wen sie lieben", so Kern.

Auch Kanzleramtsminister Thomas Drozda, SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner, die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, der offen homosexuelle Abgeordnete Mario Lindner und eine Reihe weiterer SPÖ-Politiker begrüßten die Entscheidung.

NEOS: "Ein großer Tag für Österreich"
Große Freude herrschte auch bei den NEOS. "Heute ist ein großer Tag für Österreich, die Freiheit und den Rechtsstaat. Was der Bevölkerung schon lange klar war und nur ÖVP und FPÖ nicht verstanden haben, hat nun der VfGH in seinem Erkenntnis festgestellt: Die Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft verletzt das Diskriminierungsverbot", so der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak. Die Welt werde nicht untergehen, es ende nur eine weitere Diskriminierung für viele Menschen, so Scherak in Richtung ÖVP und FPÖ.

Freude bei Liste Pilz, Grünen und Wiener Stadtregierung
Zufrieden zeigte sich auch Liste-Pilz-Klubobmann Peter Kolba: "Das freut uns. Das ist zu begrüßen." Erfreut reagierten auch die aus dem Parlament gefallenen Grünen, die sich die "Ehe für alle" über viele Jahre auf ihre Fahnen geheftet hatten. "Wieder einmal sorgt ein Höchstgericht dafür, dass Österreich endlich im 21. Jahrhundert ankommt", so der grüne Bundessprecher Werner Kogler.

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