"Unbreakable"

Tennis-Star Jelena Dokic spricht über Vater-Terror

Sport
15.11.2017 12:49

Tennis-Star Jelena Dokic ist wieder da. In ihrem Buch "Unbreakable" beschreibt die Australierin, wie sie von ihrem Vater und Trainer Damir misshandelt wurde, was zu Depression und Selbstmordgedanken führte. Brechen konnte er sie trotzdem nicht.

Das am Montag erschienene Buch von Jelena Dokic schlägt hohe Wellen. Auch deshalb, weil es nicht nur die Geschichte einer extrem talentierten, aber terrorisierten Tennisspielerin ist, sondern auch die Chronik der ost-mitteleuropäischen Sportler-Diaspora. In Ostmitteleuropa herrschten ganz andere Methoden, wenn es um Erziehung von jungen Sportlern ging. Zucht, Disziplin und Wachsamkeit wurde da gepredigt. Aus so einer Sportkultur wanderte der Vater von Jelena, Damir Dokic (unten im Bild), nach Australien aus.

Elf Jahre alt war sie, als sie und ihre Famile in Australien ankamen. Ihr Vater ließ sie vom ersten Tag an spüren: Sie und ihr Talent ist die einzige Hoffnung der Familie, aus der Armut zu entkommen. Trotzdem misshandelte er sie, seit dem ersten Tag, an dem sie einen Schläger in der Hand hielt. Er schlug sie nicht nur mit seinem Gürtel und mit seiner Schuhsohle, bis kein Stück Haut unversehrt war, nein, er trat sie auch ins Schienbein, verdrehte ihr das Handgelenk, spuckte ihr ins Gesicht. Das beschreibt Jelena Dokic detailliert genau in ihrem Buch.

Nicht ernst genommen
Dass ihr Vater ein Rabauke ist, wusste die Tennis- und Medienwelt schon lange. Doch sie waren eher amüsiert von den Ausfällen des Damir Dokic. Drohungen gegen den Schiedsrichter, Veranstalter und Reporter standen an der Tagesordnung. "Es war aber nicht lustig", schreibt Jelena Dokic. "Wenn man auf diese Fälle einen Blick wirft, bei jedem war er aggressiv, betrunken und erschreckend. Und niemand kam auf die Idee zu fragen: 'Wie weit geht das? Was macht er noch? Was tut er dir an?'"

Ihre Einsamkeit kannte keine Grenzen. Die Medien wandten sich von ihr ab, weil Jelena aus Angst vor ihrem Vater immer zu ihm stand. In Australien wurde sie nicht akzeptiert: "Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist", sagten ihre Mitspielerinnen. Ihre Mutter und ihr Bruder wussten über die Gepflogenheiten des Vaters, aber sie trauten sich nicht den Mund aufzumachen. Daher waren für Jelena Dokic die emotionalen Misshandlungen schlimmer als die körperlichen. "Je besser ich spielte, umso schlimmer wurde er. Das kann ich bis heute nicht verstehen", sagt Dokic über ihre Karriere.

Am Ende
Als sie 2000 in Wimbledon im Halbfinale gegen Lindsey Davenport ausschied, war sie so  verzweifelt über ihre Lage, dass sie mit Selbstgesprächen anfing. Das war der Tiefpunkt. Ihr Vater beschimpfte sie, demütigte sie und sperrte sie aus dem Hotelzimmer aus. Nach einem verlorenem Grand-Slam-Halbfinale. Da war sie gerade mal 17. Zwei Jahre später war sie die Nummer vier der Weltrangliste. Sportlich an der Spitze, seelisch am Boden.

Es war zu dieser Zeit, als ihr Vater Damir sie dazu zwang, für Serbien und nicht mehr für Australien zu spielen. Als Reaktion darauf wurde sie bei den Australian Open in Melbourne ausgepfiffen und ausgebuht. Das tat sehr weh, weil sie sich immer als Australierin fühlte, schrieb sie im Buch nieder. Ab 2005 unterbrach sie den Kontakt zu ihrem Vater, der in Serbien blieb. "Man glaubt, wenn man von seinem Peiniger entfernt ist, dann geht es einem besser. Aber es ist genauso schlimm. Ich wurde depressiv, brachte mich fast um".

Jelena Dokic fand ins Leben zurück. 2014 bestritt sie ihre letzte Einzelpartie. Danach wurde sie Kommentatorin bei den Australian Open und schrieb sich in den letzten Jahren alles von der Seele. Mit 34 spielt sie jetzt wieder Tennis, einen Sport, den sie trotz allem nie aufgehört hat zu lieben. Und Ihr Vater? Der ist auch "Unbreakable". Noch 2009 sagte er: "Wenn ich jemals ein wenig aggressiv gegenüber Jelena war, war es ihr zuliebe. Haben das nicht alle Eltern schon einmal gemacht?"

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(Bild: KMM)



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