TV-Kauf ohne Reue

Mit dem effizienten TV Hunderte Euros sparen

Elektronik
28.11.2007 12:20
Was ist der Kaufpreis eines Geräts? "Na das, was es kostet!", wird in 99% aller Fälle die Antwort lauten, wenn man Otto Normalverbraucher fragt. In punkto Fernseher ist diese Aussage aber so weit daneben, wie‘s nur geht. Denn anders als Pullover, Wurstsemmel oder Konzerteintrittskarte "kostet" das TV-Gerät auch nach dem Bezahlen beim Elektromarkt - und zwar Strom. Was, wenn nun einer daherkommt und behauptet, dass der technisch gleich ausgestattete Fernseher für einen Kaufpreis von 900 Euro in Wahrheit teurer ist als das Gerät daneben, das es für 1.200 Euro zu erwerben gäbe? Genau darum geht es im dritten und letzten Teil der krone.at-Serie "TV-Kauf ohne Reue".

In der heutigen Zeit sind gevifte Konsumenten schon so weit, dass sie vor dem Gang ins Warenhaus im Internet den Preisvergleich (siehe Infobox) antreten. Die Berücksichtigung der so genannten Energieeffizienz eines Elektrogeräts gibt dem Wort "Preisvergleich" nun einen neuen Dreh in Richtung "Kostenvergleich". Der Grund: Die neue Flachbildschirme verbrauchen mehr Strom als "alte Röhren" und lassen sich selten bis gar nicht komplett ausschalten, sondern fressen im Standy-Modus weiter Strom.

Das führt dazu, dass Energiekosten jetzt auch bei Fernsehern eine tragende Rolle spielen, wo man sie vorher doch höchstens bei Klimaanlagen, Elektroboilern, Gefriertruhen oder Kühlschränken - also Geräten, die dauernd in Betrieb sind - berücksichtigt hatte. Wer aber den Verkäufer im Elektromarkt nach der Energieeffizienz eines LCD-Fernsehers fragt, wird selten Hilfe, meistens ein Achselzucken oder auch dumme Fragen ernten. "Stecken S' eam doch an und schaun S', was er braucht!", bekamen wir etwa von einem gestressten "Fachberater" in einem großen Elektromarkt auf einer belebten Wiener Einkaufsstraße zu hören.

Nur Konsumentenschützer und der gut sortierte (und leider immer seltener werdende) Fachhandel klären über den neuen Faktor "Energieeffizienz" auf. Die österreichische Energieagentur betreibt dafür ein eigenes Web-Portal, genannt "topprodukte.at". Die Website listet die energieeffizientesten Elektrogeräte und gibt Hilfestellung bei der Feststellung des Stromverbrauchs eines Elektrogeräts. Zwar werden schwarze Schafe unter den Herstellern nicht gelistet - zumal ein Brandmarkungseffekt entstehen könnte, der nicht immer zutreffen muss - dafür erhält man einen Überblick auf die stromrechnungsfreundlichen Marken und Modelle; sozusagen eine Art Qualitätszertifikat.

Dipl-Ing. Thomas Bogner von der Österreichischen Energieagentur erklärt im krone.at-Interview, wie man hinter die tatsächlichen Kosten eines Fernsehgeräts kommt und sie mit einfachen Pi-mal-Daumen-Rechnungen auch vor Ort im Geschäft aufschlüsseln kann.

Herr Bogner, wie groß schätzen Sie das allgemeine Energiebewusstsein der Österreicher und ihre Voraussicht ein, wenn es um den Kauf von Elektrogeräten geht?

Die grundsätzliche Bereitschaft, Energieeffizienz bzw. Energiesparen ernst zu nehmen, ist meines Erachtens bei vielen ÖsterreicherInnen gegeben und in ihnen gut verankert. Die Motivation, sich mit dem Thema aber eingehend auseinanderzusetzen, um folglich effektive Maßnahmen auch umzusetzen, verliert sich aber eher schnell.

Positiv formuliert: Wichtig sind klare, eindeutige und einfach umzusetzende Empfehlungen, die dann meiner Erfahrung nach auch gerne zur Anwendung kommen. Durchgängig ist, dass bei der Kaufentscheidung natürlich der Kaufpreis, nicht jedoch die Betriebskosten über die Produktlebensdauer berücksichtigt werden.

Die Rechnung "Kaufpreis plus Energiekosten für eine bestimmte Laufzeit" ist selten Teil bei der Entscheidungsfindung für ein Elektrogerät. Weil es uns in diesem Fall um Flachbild-Fernseher geht: Hätten Sie konkrete Beispiele, wie die Berücksichtigung dieser Faktoren Einfluss auf den effektiven Preis eines "Schnäppchens" und eines Markengeräts haben kann?

Schon bei Markengeräten ab 100 Zentimeter Bilddiagonale ist der Unterschied bei Stromkosten über zehn Jahre gerechnet durchschnittlich 250 Euro - bei ineffizienten Geräten kann das auf bis zu 1.000 Euro reichen. Bei kleineren Geräten unter 100 Zentimetern Bilddiagonale beträgt der Unterschied zwischen effizienten und ineffzienten Geräten zirka 200 Euro. Für eine Übersicht über die Betriebskosten-Unterschiede empfehle ich Ihren Lesern die Listen auf topprodukte.at.

Gibt es derzeit Idealwerte für Stromverbrauch und Standbyverbrauch bei Flachbildfernsehern und, wenn ja, wie sehen diese für die jeweilige Kategorie (LCD, Plasma, unterschiedliche Bilddiagonalen, etc.) aus?

Eine Empfehlung sind als Richtwerte die topprodukte-Auswahlkriterien, aus diesen lässt sich die Effizienz eines Produktes gut einschätzen. Der Effizienzindex setzt sich aus Bilddiagonale mal Verbrauch im eingeschalteten Zustand zusammen.Umgekehrt kann durch die Rechnung "Bilddiagonale mal Effizienzindex" ebenso überprüft werden, in welcher Effizienzkategorie sich ein Gerät bewegt. Darüberhinaus sollte der Standby-Verbrauch maximal drei Watt betragen.

  • LCD bis 60 cm Diagonale: Effizienzindex von maximal 1,4
  • LCD von 61 bis 100 cm: maximal 1,1
  • LCD ab 101 cm: maximal 2,2
  • Plasma bis 109 cm: maximal 2,8
  • Plasma ab 110 cm: maximal 2,9
  • Röhrenfernseher 4:3 und 50 Hertz Bildrate: maximal 1,0
  • Röhrenfernseher 16:9 und 100 Hertz Bildrate: maximal 1,4

Gibt es eine einfache Formel, mit der man sich die Energiekosten ausrechnen kann, wenn man bestimmte Herstellerangaben zur Verfügung hat? Wenn ja: Wie lautet diese?

Der Experte holt zunächst aus und rechnet wie folgt vor:
10 Watt Leistungsdifferenz für 1 Stunde Fernsehen täglich bei einem Energiepreis von etwa 18 Cent pro Kilowattstunde machen jährlich rund 66 Cent aus. (Für die, die es ganz genau wissen wollen: 10 W x 1h x 365 Tage x 18 Cent/kWh / 1000 = 65,7 Cent)

Würden wir nun Gerät A mit Gerät B vergleichen, wobei gilt

  • Gerät A hat eine Leistungsaufnahme im On-Modus von 150W
  • Gerät B hat Leistungsaufnahme im On-Modus von 320 W

und eine tägliche Nutzung von sechs Stunden annehmen, so entsteht:

€ 0,657 x 6 (Stunden) x 17 (die 170 W Unterschied) = € 67,014

Das bedeutet, Gerät B hat bei einer Betriebsdauer von fünf Jahren schon Mehrkosten von 335,07 Euro verursacht. Die unterschiedlichen Standby-Verbräuche sind in der Überschlagsrechnung aber noch gar nicht berücksichtigt. Beträgt der Standby-Verbrauch statt der empfohlenen drei Watt Maximum mehr, so erhöht sich die Differenz nochmals. Hätte Gerät A einen teureren Kaufpreis, würde sich dieser durch die Betrachtung der Energieeffizienz relativieren.

Verbrauchen moderne Flachbildfernseher eigentlich mehr Strom als "die gute alte Röhre"?

Definitiv ja! Zum einen ist natürlich der Stromverbrauch direkt mit der Bild-Diagonale proportional, neue TV-Geräte (LCDs wie Plasma) sind ja deutlich größer als Röhrengeräte. Aber auch bei der Effizienz selbst (Energieverbrauch bezogen auf Bilddiagonale) kann die "altbewährte Technologie" perfekt mithalten bzw. noch den Standard setzen.

Gibt es auch bei DVD-Playern, DVB-T-Receivern, SAT-Receivern so große Unterschiede im Stromverbrauch?

Ja, insbesondere bei Receivern gibt es sehr große Unterschiede im Standby-Verbrauch, der insbesondere deshalb relevant ist, da diese Geräte in den seltensten Fällen tatsächlich ausgeschalten werden. Die Unterschiede reichen vom optimalen Verbrauch von 1,7 Watt bis zum schlechtesten von n?Wie sehen Ihre Erfahrungen bei den Messungen für topprodukte.at aus?

Die auf topprodukte.at angeführten Produktdaten basieren auf internationalen und nationalen Warendeklarationen, Labels und genormten Herstellerangaben. topprodukte.at führt keine Messungen durch, da angesichts des immensen Datenumfangs (rund 2.200 Produkte, vierteljährliche Aktualisierungen und öfter) das nicht handelbar wäre. Sehr wohl werden aber Testergebnisse von Testzeitschriften, falls vorhanden, berücksichtigt. Im überwiegenden Teil sind die Angaben bei Markenherstellern ein sehr verlässliches Datenmaterial. topprodukte.at ist intensiv in das Netzwerk "Eurotopten" involviert, im Rahmen dessen Erfahrungen und Ergebnisse von Produkttests ausgetauscht werden.

Welche Eigenschaften, technische Ausstattungsmerkmale eines modernen TV-Geräts sollte man beim Kauf im Hinblick auf höhere Energieeffizienz noch berücksichtigen?

Geringer Off-Mode-Wert und zusätzlich Hard-Off-Schalter, also ein Schalter zum vollständigen Ausschalten des Fernsehgeräts.

Wie hoch beurteilen Sie das Engagement der Hersteller, auch an der Energieeffizienz ihrer Geräte zu arbeiten und nicht nur die Leistungsfähigkeit bei der Produktion und Entwicklung in den Vordergrund zu rücken? Frage im selben Atemzug: Gibt es "schwarze Schafe" unter den Herstellern?

Vor allem seitens Markenhersteller sind Bestrebungen im Hinblick auf höhere Energieeffizienz deutlich erkennbar. Da gibt es deutliche Fortschritte, der Trend ist trotzdem in einer Frühphase. No-Name-Anbieter/Marken, die sich eher über den Preis als über Qualität bzw. Performance positionieren, haben naturgemäß andere Prioritäten – Energieeffizienz ist bei solchen Produkten tendenziell nachrangig.

Frage zum Abschluss: Was ist für Sie die faulste/beliebteste/komfortabelste Ausrede der Konsumenten/Österreicher beim Energiesparen?

"Wenn nur ich mich bemühen würde, bringt’s ja nichts, da müssen schon auch die anderen auch Maßnahmen setzen." Oder (nicht ganz unbegründet): "Ich weiß ja nicht, wo ich ansetzen soll, die Hersteller (oder auch: der Handel) informieren ja nicht ausreichend."


Von Christoph Andert

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