Sucht

Nur ein Glaserl Wein?

Gesund
24.11.2017 08:58

Alkohol zu trinken gehört für viele zum Leben dazu. Was tun, wenn aber Sucht auftritt, wie äußert sich diese? Ab welcher Menge gilt der Konsum eigentlich als bedenklich? Beim Entzug ist auf jeden Fall ärztliche und psychotherapeutische Betreuung notwendig.

Etwa 340.000 Österreicher gelten als alkoholabhängig. Jeder vierte Erwachsene konsumiert Bier, Wein, Schnaps & Co. zusätzlich in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. Obwohl die Gesamtzahl der alkoholkranken Menschen in den vergangenen Jahren nahezu gleich geblieben ist, nimmt der relative Anteil der Frauen deutlich zu, während jener der Männer leicht sinkt.Von Sucht sprechen Ärzte dann, wenn jemand körperlich und seelisch abhängig ist: "Betroffene können schlecht oder gar nicht kontrollieren, wann, bis zu welchem Punkt und wie viel sie konsumieren. Auch der starke Wunsch oder eine Art Zwang zu trinken - Craving genannt - ist ein wichtiges Merkmal", erklärt Prim. Dr. Roland Mader, Vorstand der Abteilung III und Koordinator des Schwerpunktbereichs Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Anton Proksch Institut, Wien.

Konsumiert der Betroffene eine Zeit lang nicht, äußert sich das durch körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern, Schwitzen, Schlaflosigkeit, innere Unruhe und morgendliche Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Diese Beschwerden werden zunächst gelindert, wenn er erneuert Alkoholisches zu sich nimmt. Auch psychische
 Symptome wie Angstzustände
 und depressive Verstimmung
 können auftreten. Soziale Kontakte
 und persönliche Interessen werden vernachlässigt oder eingestellt.

Ab welcher Menge gilt der Konsum als bedenklich?
"Die sogenannte Gefährdungsgrenze erreicht ein Mann mit etwa 3/4 Litern Wein oder 1,5 Litern Bier täglich. Bei Frauen ist weniger nötig, nämlich 1/2 Liter Wein oder ein Liter Bier oder vier Gläser Sekt am Tag", erklärt der Experte.

Was ist der erste Schritt am Weg zum Entzug?
"Der Betroffene muss sich eingestehen, dass er sein Leben nicht mehr im Griff hat, weil die Sucht alles beherrscht. Dieser Schritt gilt als der schwierigste, doch er bildet die Basis dafür, dass derjenige bereit ist, professionelle Hilfe anzunehmen. Denn nur die wenigsten schaffen es aus eigener Kraft aus der Sucht auszusteigen. Wer sich helfen lässt, beweist auch, dass er wieder selbst Verantwortung übernimmt."

Gibt es Medikamente, die beim Entzug helfen?
"Ja, es sind solche erhältlich, die das Verlangen verringern und andere, welche die Alkoholverträglichkeit vermindern, indem sie unangenehme Symptome wie Übelkeit fördern. Auf jeden Fall ist ärztliche und psychotherapeutische Betreuung notwendig", berichtet Prim. Mader.

Weniger trinken - auch eine Behandlungsform?
"Ja, diese Möglichkeit besteht mittlerweile im Gegensatz zu früher. Auch wenn Abstinenz das unverzichtbare Therapieziel bleibt. Doch selbst im Spätstadium der Erkrankung kann eine Reduktionstherapie sinnvoll sein - nämlich dann, wenn Abstinenz nicht erreicht werden kann. In diesen Fällen führt der verringerte Konsum zumindest dazu, dass weniger durch den Alkohol verursachte körperliche Schäden auftreten. Zusätzlich gibt es Medikamente, die dabei unterstützen."

Was können Angehörige tun?
"Ein Entzug und die anschließende Therapie sind für den Patienten harte Arbeit. Vertraute können ihm dabei helfen, dem neuen Alltag Struktur zu geben. Dabei sollten Angehörige aber nicht auf die eigenen Interessen und ihre Grenzen vergessen", warnt der Experte.

Selbsttest: Bin ich gefährdet?
Folgende Fragen können Ihnen dabei helfen, herauszufinden, ob es bei Ihnen eine Tendenz zur Alkoholabhängigkeit gibt:

  • Haben Sie jemals daran gedacht, weniger zu trinken?
  • Haben Sie sich schon einmal darüber geärgert, dass Sie von anderen wegen Ihres Alkoholkonsums kritisiert wurden?
  • Haben Sie sich jemals wegen Ihres Trinkens schuldig gefühlt?
  • Haben Sie jemals morgens als Erstes Alkohol getrunken, um sich nervlich zu stabilisieren oder einen Kater loszuwerden?

Auswertung:
Haben Sie zwei- oder mehrmals mit "Ja" geantwortet, ist Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit wahrscheinlich. Eine genauere Abklärung ist jedoch erforderlich. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber, er kann Sie beraten und - wenn eine Sucht vorliegt - eine entsprechende Therapie empfehlen.

Kontakt für Betroffene:
Anton Proksch Institut Wien, Gräfin Zichy Straße 6, 1230 Wien
Telefon: 01/88010-0
Homepage und Möglichkeit zu mailen: api.or.at

Mag. Monika Kotasek-Rissel, Kronen Zeitung

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