Android-Wear-Uhr

Schön, aber unnötig: LG Watch Urbane im Praxistest

Elektronik
14.06.2015 09:00
Intelligente Armbanduhren waren bis vor wenigen Monaten meist vor allem eines: eckig, groß und klobig. Runde Modelle wie die Moto 360 oder die G Watch R von LG ähnelten zuletzt optisch schon eher der klassischen Armbanduhr, hatten aber die gleichen Limitierungen wie die Smartwatches vor ihnen. LG will es nun mit einer neuen Smartwatch-Generation wissen und schickt die hübsch anzusehende LG Watch Urbane mit der neuesten Android-Wear-Version 5.1 ins Rennen um die Gunst der Kunden. Wie sie sich in der Praxis schlägt, hat krone.at getestet.

Die Neuerungen der mit Android-Smartphones mit Version 4.3 oder höher kompatiblen LG Watch Urbane gegenüber ihrem Vorgänger G Watch R sind vor allem kosmetischer Natur. Das Lederarmband kommt bei der neuen Uhr mit Nähten daher, das runde Uhrengehäuse ist verchromt und in verschiedenen Metallic-Varianten – Messing und Silber - verfügbar.

Innenleben fast ident mit G Watch R
Beim Innenleben hingegen hat sich gegenüber der G Watch R wenig getan. Der runde 1,3-Zoll-OLED-Bildschirm mit 320 mal 320 Pixeln Auflösung entspricht jenem im Vorgänger, als Prozessor kommt weiterhin ein 1,2 Gigahertz schneller Vierkerner von Qualcomm zum Einsatz und das RAM bleibt 512 Megabyte groß.

Im nach IP67-Standard wasserfesten Gehäuse verbergen sich neben den üblichen Lage- und Bewegungssensoren ein Bluetooth-4.0-Modul, WLAN, Kompass, Pulsmesser, Vibrationsalarm und Barometer. Die Akkukapazität beträgt 410 Milliamperestunden, der interne Speicher für MP3s und dergleichen ist vier Gigabyte groß.

Display in der Sonne schwer ablesbar
Im Praxiseinsatz weiß das Display der LG Watch Urbane durchaus zu gefallen. Es ist ausreichend scharf und bauartbedingt sehr kontrastreich und farbstark. Die Helligkeit ist für die Nutzung in Innenräumen und bei geringer Sonneneinstrahlung ausreichend, in der prallen Sonne ist das Ablesen des spiegelnden Displays aber nur mit großer Mühe möglich.

Bedient wird die LG Watch Urbane ebenso wie ihre Android-Wear-Konkurrenten mit einem Mix aus Wischgesten und Spracheingabe. Letztere ermöglicht es dem Nutzer, einfache Aufgaben wie den Versand einer SMS in die Uhr zu diktieren und am Smartphone ausführen zu lassen.

Mit den Wischgesten wiederum arbeitet sich der Nutzer durch die Benachrichtigungen, die auf der Uhr angezeigt werden – etwa eingehende SMS und WhatsApp-Nachrichten. Zudem wischt er sich durch Google-Now-Karten, die naturgemäß nur jenem Nutzer etwas bringen, der sich tief im Google-Universum eingenistet und genug persönliche Daten geliefert hat, mit denen der Google-Dienst arbeiten kann. Es gilt also wie beim Vorgänger: Wer kein Google-Intensivnutzer ist, wird mit dem Gerät wenig Freude haben.

Unzuverlässige Spracherkennung
Die Sprachsteuerung artete im Test meist in Ärger aus und funktionierte nur bedingt zuverlässig. Kommandos wie "Sende SMS an…" mag Googles Spracherkennung verstehen, sobald es aber beispielsweise um die Erkennung von Kontakten aus dem Telefonbuch ging, hatte die Spracherkennung oft Schwierigkeiten. Davon, den Inhalt der gewünschten SMS korrekt in Schrift zu verwandeln, ganz zu schweigen.

Unser Eindruck: Die meisten Nutzer dürften lieber kurz ihr Handy zurate ziehen, anstatt Befehle drei-, viermal in die Uhr zu sprechen und zu hoffen, dass diese sie korrekt umsetzt. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen: Für ernsthafte Kommunikation ist die LG Watch Urbane ungeeignet, man sollte sie eher als Benachrichtigungszentrale verstehen.

Akkulaufzeit kann stark variieren
Ebenfalls nicht wirklich überzeugend: die Akkulaufzeit der LG Watch Urbane. Im Test kam es vor, dass der Akku nach gerade einmal rund sechs Stunden intensiver Nutzung leer war und die Uhr in ihre proprietäre Ladeschale musste. Immerhin handelte es sich dabei nicht um einen Dauerzustand, sondern um die Laufzeit bei permanent aktivierter Anzeige der Uhrzeit und intensiver Nutzung.

Im Energiesparmodus ist das Display dagegen standardmäßig abgeschaltet und zeigt das anpassbare Ziffernblatt nur an, wenn die Bewegungssensoren eine Handbewegung registrieren, die einen Blick auf die Uhr vermuten lässt. Viel mehr als einen Arbeitstag Betrieb schindet man aber auch so nicht aus der LG Watch Urbane. Zudem funktioniert die Handbewegungserkennung nicht völlig zuverlässig. Wohlgemerkt: Dieses Problem hat nicht nur die LG Watch Urbane, sondern es plagt auch alle anderen uns bekannten Smartwatches.

Neue Funktionen dank Android Wear 5.1
Neben optischen Änderungen gegenüber der G Watch R bringt die neue Urbane dank Android Wear 5.1 auch bei der Software Änderungen mit. Dazu zählt unter anderem die Möglichkeit, mit dem Finger Smileys auf die Uhr zu zeichnen, zu hoffen, dass sie erkannt werden, und sie an Kontakte zu schicken. Wer durch Benachrichtigungen scrollen will, kann dies nun auch durch eine Armbewegung statt durch Wischen tun. Ebenfalls neu: Die LG Watch Urbane kann nicht nur via Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden, sondern auch über WLAN synchronisiert werden. Wohlgemerkt: Viele dieser Funktionen kommen per Update wohl bald auch auf andere Android-Wear-Uhren, die oft deutlich billiger als LGs Edel-Uhr zu haben sind.

Überschaubarer Funktionsumfang
Davon abgesehen hält sich der Funktionsumfang von Android Wear weiterhin in Grenzen. Den Puls messen und an Google Fit übertragen, die Musik-App am Smartphone steuern (ohne die Bibliothek dabei durchblättern zu können), den Kamera-Auslöser mittels Uhr betätigen, Schritte zählen, Benachrichtigungen durchsehen, den Wecker stellen, Apps am Handy öffnen, Anrufe annehmen oder ablehnen, navigieren – alles Dinge, die man auch direkt am Smartphone könnte, und unserer Ansicht nach keine echten Killer-Applikationen, die die Anschaffung einer 310-Euro-Uhr rechtfertigen.

Hingucker-Faktor ist vorhanden
Am ehesten rechtfertigt die Anschaffung der LG Watch Urbane der Wunsch, aufzufallen. Das muss man ehrlich zugeben: Hübsch sieht die Smartwatch mit ihrem runden Metallgehäuse und dem genähten Lederarmband schon aus, auch die Verarbeitungsqualität überzeugt.

Gerade während der Abendstunden sorgt zudem das Display für einen gewissen Hingucker-Faktor – nicht nur, wenn man es bei völliger Dunkelheit als Taschenlampe zweckentfremdet. Neugierige Fragen, was man denn da am Handgelenk trägt, sind bei Nutzung der LG Watch Urbane garantiert. Wer derlei Aufmerksamkeit mag, könnte mit der Uhr seine Freude haben. Wer keinen Wert darauf legt, dürfte sich wohl eher über ihre Limitierungen ärgern.

Fazit: Unter den Android-Wear-Smartwatches ist die LG Watch Urbane das bislang wohl schönste Modell. Verarbeitung und Optik stimmen, ein gewisser Hingucker-Faktor lässt sich – auch dank des zumindest im Schatten überzeugenden Displays - nicht leugnen. Angesichts eines Preises von mehr als 300 Euro, des überschaubaren Funktionsumfangs, der unzuverlässigen Sprachsteuerung und der für eine Uhr nicht gerade optimalen Akkulaufzeit ist dieser Hingucker-Faktor letztlich aus unserer Sicht aber auch der einzige Grund, warum man sich eine LG Watch Urbane anschaffen sollte.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele