Friedensbemühungen

Über 1.000 Tote im Irak – Kerry in Kurdengebieten

Ausland
24.06.2014 15:36
Als Reaktion auf den Vormarsch der extremistischen ISIS-Milizen im Irak drängt US-Außenminister John Kerry auf die Bildung einer Einheitsregierung in Bagdad. Kerry ist am Dienstag zu einem unangekündigten Besuch in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak eingetroffen. Bei den anhaltenden Kämpfen im Land wurden im vergangenen Monat laut UNO mehr als 1.000 Menschen getötet.

Kerry, der bereits am Montag in Bagdad mit Ministerpräsident Nuri al-Maliki über eine Regierungsumbildung sprach (siehe Infobox), wollte in der kurdischen Hauptstadt Erbil die Führung dazu bringen, sich an einer neuen irakischen Regierung zu beteiligen, meldete der Nachrichtenkanal Al-Arabiya. Kerry forderte eine Regierung bestehend aus Schiiten, Sunniten und Kurden und äußerte die Hoffnung, mit einem solchen Bündnis den ISIS-Vormarsch und den Zerfall des Landes stoppen zu können. "Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen", sagte er.

Weigerungen, Maliki erneut zum Regierungschef zu wählen
Allerdings weigern sich sunnitische, kurdische und auch schiitische Politiker, Maliki erneut zum Regierungschef zu wählen. Ihm wird seit Langem vorgeworfen, die Sunniten im Land zu diskriminieren. Der Regierungschef ist seit 2006 im Amt und strebt nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl im Mai eine dritte Amtszeit an.

Die Kurden genießen im Nordirak eine weitgehende Autonomie. So haben sie eine eigene Regierung. Zuletzt waren jedoch Rufe nach einem eigenen kurdischen Staat wieder lauter geworden. Der kurdische Präsident Massud Barsani deutete am Montag in einem CNN-Interview an, bald die formelle Unabhängigkeit zu suchen. "Die Zeit ist reif, dass die Kurden ihre Zukunft bestimmen", sagte er.

Gewaltwelle durch ISIS: Über 1.000 Tote seit Monatsbeginn
Kerrys Besuche sind eine Reaktion auf den weiteren Vormarsch der extremistischen Sunnitenmiliz ISIS (Islamischer Staat im Irak und in Syrien), die weite Teile des Nordens und Westens des Landes beherrscht. Bei den Kämpfen zwischen ISIS und der irakischen Armee wurden allein im Juni mehr als 1.000 Menschen getötet. Vom 5. bis zum 22. Juni habe es mindestens 1.075 Todesopfer und 658 Verletzte gegeben, sagte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville, am Dienstag in Genf. Es müsse davon ausgegangenen werden, dass diese Zahlen "ein Minimum" seien. Nicht weniger als 757 der Todesopfer seien Zivilisten gewesen.

Nach einem Bericht der Zeitung "Washington Post" sollen mutmaßliche ISIS-Kämpfer vergangen Woche in Dörfern im Norden des Iraks Dutzende Menschen getötet haben. Ein örtlicher Polizeichef sprach von mindestens 55 Getöteten, Augenzeugen berichteten von einem "Massaker".

Größte irakische Ölraffinerie vollständig eingenommen
Im Zuge ihres Vormarsches soll ISIS nun auch die größte irakische Ölraffinerie in Baiji vollständig eingenommen haben. Der rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Ort ist strategisch bedeutend. Dort steht auch ein Kraftwerk, von dem aus Bagdad mit Strom versorgt wird. Laut dem Nachrichtenportal "Al-Sumaria" bombardierte die irakische Armee Baiji und schickte Verstärkungen in die Stadt. Al-Arabiya berichtete von schweren Kämpfen der irakischen Armee mit ISIS-Kämpfern nördlich von Bagdad, unter anderem bei der Stadt Baquba sowie in der Region um die Stadt Samarra.

Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen ISIS zu unterstützen. Washington setzt auf einen möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten als Militärberater im Irak. Die USA wollen die schlecht ausgerüstete irakische Armee auch mit Material versorgen. Zugleich betonte Kerry in Bagdad, die USA seien auch zu einem Militärschlag bereit - noch bevor eine neue Regierung stehe.

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