Phase großer Chancen

Frauen sind den Wechseljahren nicht ausgeliefert

Gesund
18.10.2025 10:00

Das Leben verändert sich, und den meisten Frauen ist gar nicht bewusst, dass dies mit den Wechseljahren zusammenhängt. Doch es muss in dieser Lebensphase nicht nur um Beschwerden und Probleme gehen. Im Gegenteil – zwei Expertinnen zeigen Ihnen, wie Sie diese Zeit als große Chance wahrnehmen können.

„Kaum eine kommt in meine Praxis und sagt: ,Ich bin im Wechsel, was tun?‘“, erläutert Psychotherapeutin und Coach Martina Eberhart aus Alberndorf (OÖ). „Vielmehr erkennen sich viele ab dem Alter von rund 42 oder 43 Jahren nicht wieder, fühlen sich überlastet, depressiv. Andere kommen auch mit ihrem Partner, weil sich da plötzlich Probleme zeigen – aber auch Chancen auftun.“

Denn etliche Frauen nutzen laut der Expertin diese Phase, um alte Rollenbilder zu hinterfragen, sich selbst neu kennenzulernen und Unbekanntes auszuprobieren. Nach Jahrzehnten der Anpassung an familiäre und gesellschaftliche Erwartungen setzen sich viele Frauen intensiver mit ihren eigenen Bedürfnissen auseinander und entwickeln ein neues Bewusstsein für ihre Wünsche und Ziele. „Manche empfinden die Wechseljahre als richtigen Befreiungsschlag, endlich einmal ihre eigenen Interessen ohne schlechtes Gewissen in den Vordergrund zu stellen.“

Entspannteste Zeit im Leben
In anderen Kulturkreisen wird dieser Wechsel von der fruchtbaren zur „weisen“ Frau zelebriert, hierzulande ist das noch nicht in den Köpfen angekommen. Martina Eberhart: „Dabei gibt es Studien, in denen Frauen im Wechsel, wenn sie etwaige Beschwerden im Griff haben, von der glücklichsten und entspanntesten Zeit ihres Lebens sprechen. Wichtig ist, sich bei Unsicherheiten professionelle Unterstützung zu holen! Sei es psychisch oder physisch.“

Manche Frauen leiden. Es gibt aber Hilfe!
Manche Frauen leiden. Es gibt aber Hilfe!(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Denn nicht nur mental, auch körperlich treten etwa ab dem 40. Geburtstag, in der sogenannten Perimenopause, Veränderungen auf, und es müssen nicht zwingend die „klassischen“ Hitzewallungen sein. „Dafür ist das Bewusstsein bereits relativ hoch bzw. gibt es viele Möglichkeiten, sich zu informieren“, zeigt sich die Fachärztin für Gynäkologie und Sexualmedizinerin FÄ Miriam M. Mottl in Puchenau (OÖ) zufrieden. „Dennoch sollten schon junge Frauen ihren Zyklus kennenlernen. Ab 35 verändert sich dieser nämlich, etwa die Blutung. Wenn man darüber Bescheid weiß, dann kann man ,seltsame Beschwerden‘ auch besser einordnen.“

In dieser Phase des Lebens baut sich durch hormonelle Veränderungen auch das Gehirn um. „Subjektiv fühlen sich viele Frauen dann überfordert oder klagen über ,Nebel im Gehirn‘ (Brain fog). Das heißt aber keinesfalls, dass die Intelligenz gemindert ist, oder wir weniger leisten können. Vielmehr achtet das Gehirn gleichsam darauf, sich nicht zu überfordern in dieser wichtigen Zeit, in der sich hormonell fast genauso viel tut wie in Schwangerschaft oder Pubertät“, erklärt die Gynäkologin.

Mit der Ernährung eingreifen
Wichtig aus ärztlicher Sicht ist, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. „Manche denken, sie müssten jetzt auf Fett verzichten, um schlank zu bleiben, doch das Gegenteil ist der Fall. Das Gehirn braucht hochwertige Fette, um sich umbauen zu können und leistungsstark zu bleiben“, so die Expertin.

„Doch viele leiden hier unter einem Mangel oder weisen auch zu wenig Vitamin B12 oder Vitamin D im Blut auf. Oft fehlt es an der Ernährungsbasis – mit Fetten, Eiweiß und wertvollen Ballaststoffen. Und da reden wir noch nicht einmal von den Hormonen!“ Man weiß heute auch, dass etwa ein schlecht eingestellter Blutzuckerspiegel Wechselbeschwerden verstärkt.

Ist nämlich der Blutzuckerspiegel in einem ständigen Auf und Ab begriffen, verursacht dies auch vermehrt hormonelle Schwankungen. Studien ergaben, dass dann Hitzewallungen stärker auftraten. Je ballasttoffreicher die Nahrung jedoch ist, desto weniger hormonelle Zyklusschwankungen treten auf.

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In dieser wichtigen Zeit tut sich hormonell fast genauso viel wie in einer Schwangerschaft oder der Pubertät.

FÄ Miriam M. Mottl, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Sexualmedizinerin, Puchenau bei Linz (OÖ)

Genauso essenziell ist es, ein Auge auf die Knochendichte zu haben, wenn man in die Wechseljahre kommt. Der sinkende Östrogenspiegel führt nämlich zu einem schnelleren Knochenabbau als -aufbau, wodurch die Knochen poröser und brüchiger werden und das Risiko von Brüchen steigt. Auch hier greift ein gesunder Lebensstil: Eine kalzium- und vitamin-D-reiche Ernährung sowie regelmäßige Bewegung stärken das Skelett.

Vielen Menschen fällt es besonders schwer, über die sich verändernde Sexualität im Alter zu sprechen – die natürlich auch Männer betrifft. „Frauen müssen hier mutiger werden und lernen, ihre sexuelle und vaginale Gesundheit einzufordern – auch bei Ärzten. Vielfach sprechen diese das Thema von sich aus gar nicht an“, ärgert sich die Sexualmedizinerin Miriam Mottl. „Dabei spielt die körperliche Liebe eine große Rolle – auch Frauen über 50 haben Sex, vielfach sogar einen sehr befreiten, liebevollen. Denn die Sexualität gewinnt in fortgeschrittenen Jahren neue Dimensionen, da sie von der Fortpflanzung entkoppelt wird“, beschreibt Martina Eberhart. Ein alltägliches Problem, über das niemand spricht, stellt etwa die vaginale Trockenheit in den Wechseljahren dar, die oft zu Schmerzen und Libidoverlust führt.

„Dabei kann man das mit speziellen Salben sehr gut in den Griff bekommen. Diese dürfen Frauen sogar nach abgeschlossener Hormontherapie bei Brustkrebs anwenden“, so FÄ Mottl. „Es ist im Genitalbereich eine Östrogenisierung nötig, um das Lustempfinden beizubehalten. Auch Kollagen zuzuführen, ist für die Schleimhäute von Vorteil.“

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Frauen sollten ihre Bestimmungen wiederfinden, und zwar als weibliche Weise, als eine Ratschlagquelle für die Nachkommen.

Martina Eberhart, Psychotherapeutin, Coachin, Kunsttherapeutin, Alberndorf in der Riedmark (OÖ)

Grundsätzlich wäre es ratsam, wenn alle Beteiligten lernen, den Wechsel als etwas Natürliches, Evolutionäres zu sehen. „Die Frauen sollten ihre Bestimmungen wiederfinden, und zwar als weibliche Weise, als eine Ratschlagquelle für die Nachkommen“, so die Psychotherapeutin.

Niemand muss Beschwerden hinnehmen
Am wichtigsten ist daher beiden Expertinnen, dass sich Frauen trauen, auf sich selbst zu hören und individuelle Unterstützung suchen: Miriam Mottl: „Sie können etwas gegen etwaige Beschwerden tun! Niemand muss hinnehmen, dass der Sex weh tut oder Hitzewallungen auftreten. Man muss auch nicht dulden, dass der Knochen abgebaut wird oder seelische Verstimmung überhandnimmt. Man kann in allen Bereichen selbstwirksam gegensteuern!“

Eine Million Österreicherinnen befinden sich in den Wechseljahren. „Da steckt viel Kraft dahinter. Nutzen wir sie!“, sind sich beide Expertinnen einig.

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