Theater in Graz

„Reise Lenz“: Wenn Büchner so richtig ballert

Steiermark
26.07.2025 15:59

Wie bringt man einen Klassiker der Literaturgeschichte spannend auf die Bühne? Das elfenstein ensemble geht in „Reise Lenz“ am Grazer Theater am Lend einen gewagten Weg, der sich als Glücksgriff entpuppt: eine „technoide Sprachkunst-Oper“ von und mit Andrea Fischer, Walter Ofner und Martin Kreidt.

Ein psychisch kranker Sturm-und-Drang-Dichter kommt in ein Bergdorf und durchlebt wahnhafte Episoden: Georg Büchners Fragment „Lenz“ erscheint heute fast so radikal wie Mitte des 19. Jahrhunderts. Nun könnte man die Erzählung einfach dramatisieren und inszenieren. Aber Andrea Fischer, Walter Ofner und Martin Kreidt gehen im Theater am Lend in Graz mit ihrer Welturaufführung einen anderen, viel lohnenderen Weg. 

Zuerst macht sich das elfenstein ensemble – Fischer ist eigentlich Ausstatterin, Ofner Kirchenmusiker und Kreidt Regisseur – selbst zu Kunstfiguren. Die Erzählerin Margarethe von Butt schafft den Kontext: Glaube, Krankheit, Erkenntnis. Lenz verortet sie als Identifikationsfigur für die Verlorenen der Gegenwart. Heute würde man ihn wohl Systemsprenger nennen. „Die Menschen sind gut“, sagt sie. „Aber ihm ist nicht zu helfen.“ 

Andrea Fischer, Walter Ofner und Martin Kreidt im Theater am Lend
Andrea Fischer, Walter Ofner und Martin Kreidt im Theater am Lend(Bild: MISCHA ERBEN)

Bachs Kirchenmusik auf Drogen
Mit blassen Gesichtern stehen Stenn Wolds (Ofner) und Karoline Ulrike Kraft (Kreidt) im dichten Nebel. Die Orgel-Techno-Klänge bäumen sich gemeinsam mit dem Libretto nach Büchner auf wie ein Tsunami. Was Ofner produziert, klingt wie Bach auf halluzinogenen Drogen kombiniert mit dem Piepsen einer Spielekonsole und Autolärm. Kreidt brüllt, flüstert, singt und predigt sein Libretto in ein Mikrofon, bis der Text eine religiöse Schwere erreicht. Man kann die Katastrophe kommen hören.

Genauso verrückt wie diese gewaltige Kombination klingt, ist sie auch. Und sie funktioniert: Das Ensemble behandelt den Text mit größter Ehrfurcht, multipliziert seine Wirkung und verleiht ihm so eine Donnergewalt, die nachhallt. Bitte mehr davon!

Termine: 26. und 27. Juli 2025, je 19.30 Uhr, Theater am Lend Graz.

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