Die Allgemeinmedizin in Österreich war und ist relativ wenig auf Telemedizin ausgerichtet. Das zeigt eine Vergleichsstudie in 38 Staaten zur Verwendung von Video-Konsultationen vor und während der Covid-19-Pandemie.
Die zum Teil großen Unterschiede dürften an den Primärversorgungssystemen und verschiedensten Einflussfaktoren liegen. Ulrik Bak Kirk von der Aarhus Universität in Dänemark und seine Co-Autoren, unter ihnen Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien, haben ihre Studie vergangene Woche in der Fachzeitschrift BMC Primary Care veröffentlicht.
„Die Covid-19-Pandemie hat den Einsatz von Telemedizin, insbesondere Videokonsultationen, beschleunigt, da sie Zugang zur Gesundheitsversorgung in schwierigen Situationen bieten, in denen Kontakte von Angesicht zu Angesicht nicht möglich sind. Dennoch bleibt weitgehend unbekannt, inwieweit die Organisation der Allgemeinmedizin-Praxen und der nationalen digitalen Infrastrukturen die Aufnahme und Nutzung von Video-Konsultationen beeinflusst haben“, schrieben die Fachleute.
Die Wissenschaftler sammelten Informationen aus rund drei Dutzend Ländern. Es zeigten sich dabei gravierende Unterschiede in der Verwendung von Video-Konsultationen als Methode der Telemedizin.
Zwischen elf und 94 Prozent
„Daten aus 5065 Allgemeinmedizin-Ordinationen in 38 Ländern ergaben, dass weniger als die Hälfte (47,5 Prozent) Video-Konsultationen während der Covid-19-Pandemie nutzte. Am höchsten war die Verwendung in Großbritannien, Luxemburg, den Ländern Skandinaviens und Frankreich (82,6 bis 94,4 Prozent), die niedrigste in Portugal, Spanien, Serbien, Bosnien Herzegowina, der Schweiz und Tschechien (11,1 bis 23,1 Prozent).
Für Österreich stammten die Daten von 133 Ordinationen für den Zeitraum vor der Pandemie und von 132 für die Covid-19-Zeit. Zuvor hatten sechs Prozent die Möglichkeit für Video-Konsultationen. Während der Pandemie nutzen diese 28,8 Prozent. Im vergleichbaren Deutschland lag der Anteil vor Covid-19 bei 8,7 Prozent, erhöhte sich aber auf 46,9 Prozent. In Dänemark wurde mit einer mehr als Verzehnfachung des Anteils von Ordinationen mit der Möglichkeit von Video-Konsultationen (8,3 Prozent vor der Pandemie, 91,7 Prozent während Covid-19) beispielsweise eine besonders rasante Zunahme registriert. Ähnlich war das auch in Großbritannien (4,3 bzw. 82,6 Prozent).
„Auf der Ebene der Ordinationen waren die Schlüsselfaktoren, die mit einer höheren Nutzung von Video-Konsultationen verbunden sind, mehr Patienten als durchschnittlich mit Migrationserfahrungen und Schwierigkeiten, die lokale Sprache zu sprechen, freiberufliche bzw. selbstständige Praxisführung und städtische Umgebung sowie eine größere Anzahl von Patienten. Auf Länderebene war nur zugängliches und erschwingliches Internet statistisch signifikant mit der Nutzung von Video-Konsultationen verbunden“, fassten die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse zusammen. Die Telemedizin bietet in der Primärversorgung auch viele Möglichkeiten der besseren Verständigung via Dolmetschdienste. Der Bedarf dafür bestand aber auch schon vor Covid-19.
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