Im Kampf zwischen Hisbollah und Israel liegt die UN-Zentrale zwischen den Fronten. Wie ist die Situation nach dem Angriff?
Bereits seit 1978 ist die internationale, 40 Nationen umfassende UNIFIL-Friedenstruppe im Libanon stationiert. Im November 2011 begleitete die „Krone“ den Start der rot-weiß-roten Mission im Nahen Osten. „Start ins Ungewisse“, lautete die damalige Schlagzeile.
Acht Austro-Soldaten bei Raketeneinschlag verletzt
Eine Ungewissheit, die heute, 13 Jahre später, noch immer wie ein Damoklesschwert über dem UN-Camp Naqura schwebt. Denn inmitten des Kampfes zwischen der pro-iranischen Hisbollah-Miliz und Israel gerät der derzeit 10.000 Soldaten umfassende Hauptstützpunkt immer wieder ins Visier der Kriegsgegner. So wurden – wie berichtet – Ende Oktober acht österreichische Blauhelme durch eine Hisbollah-Rakete zum Glück nur leicht verletzt.
Angesichts der Lage im libanesischen Hexenkessel analysierte „Krone“-Außenpolitikexperte Kurt Seinitz: „Die UNIFIL-Truppe im Südlibanon sah zu, wie sich die Hisbollah dort einnistete. Die Augen sind auf Israels Grenze gerichtet. UNIFIL ist somit zur Geisel der Hamas oder zur Schutztruppe für die Hisbollah geworden.“
In einem „Kurier“-Leitartikel heißt es „Letzte Chance für UNIFIL“ und dass ein Abzug Österreichs nach der „Schmach vom Golan“ (Österreich zog 2013 nach 40 Jahren seine Truppe ab) einen weiteren Bedeutungsverlust zur Folge hätte. So sehr es der Arbeit unseres Heeres schmeichelt, laut jüngstem Vertrauensindex mit 67 Prozent erstmals auf Platz 1 zu liegen, so sehr steht der Auslandseinsatz in diesem Pulverfass unter einem Unstern.
Schließlich verfügte die in Österreich verbotene Hisbollah über 150.000 Raketen. 14.000 davon wurden auf Israel abgefeuert. Mittlerweile ist das „Arsenal des Todes“ nach israelischen Schätzungen auf ein Drittel reduziert worden.
Dass die UNIFIL-Truppe trotz ihrer Mannstärke dennoch auf einem eher aussichtslosen Posten steht, zeigte auch der jüngste „Krone“-Lokalaugenschein mit dem Roten Kreuz an der wohl gefährlichsten Grenze der Welt. Denn dieses Gebiet im Süden war in fester Hand der Hisbollah, wie Hunderte Unterstützungsfahnen belegten. Zudem hat sich rund um die historisch bedeutende Stadt Baalbek im Osten des Libanons eine Hisbollah-Hochburg entwickelt.
Israels Luftwaffe nahm die Region vor wenigen Tagen unter Beschuss. Dennoch keimt vorsichtiger Optimismus bei den Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah auf. Ein Nahost-Koordinator des Weißen Hauses soll als Vermittler zu einem Ausweg aus dem Krieg führen.
Der Kommandant des österreichischen Kontingents im Libanon, Oberstleutnant Peter Ertl, befindet sich seit 18 Monaten im Einsatzraum. Der gebürtige Grazer und zweifache Familienvater ist sich der schwierigen Lage zwischen den Fronten bewusst.
Angesichts des Beschusses des UNIFIL-Camps durch die Hisbollah bedankt er sich bei allen Soldaten „für ihre herausragende Leistungsbereitschaft und das kameradschaftliche Miteinander“. Allerdings werden seit dem jüngsten Angriff daraus resultierende Maßnahmen zur Eigensicherung verschärft kontrolliert: Das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung – wann immer man außerhalb von Gebäuden unterwegs ist – bleibt im Camp Naqura Pflicht!
Oberstleutnant Ertl bereitet sich auf die Rotation vor: 90 neue Soldaten kommen Ende November in den Einsatzraum, um jene zu ersetzen, die zurück in die Heimat reisen. Insgesamt haben sich nach dem Beschuss des Camps eine Handvoll Soldaten abkommandieren lassen. Ebenso wenige meldeten sich vom freiwilligen Libanon-Einsatz ab.
Oberst Michael Bauer zusammenfassend: „Die UNO ist nicht Ziel der Angriffshandlungen der Konfliktparteien. Die Gefahr des Kollateralschadens ist die größte. Weiterhin werden etwa 160 Soldaten, darunter 14 Frauen, Österreich im Libanon vertreten.“
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