Neues Projekt in Wien

Obdachlose sollen von Straße direkt in Wohnung

Österreich
26.11.2012 14:05
In Wien sollen obdachlose Menschen künftig direkt von der Straße in Wohnungen wechseln können. Das ist das Ziel des Projekts "Housing First". Dieses sei u.a. bereits in Deutschland, Großbritannien und Finnland erprobt worden und habe sich dort bewährt, betonten SPÖ-Sozialstadträtin Sonja Wehsely und die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein am Montag. Für Österreichs Hauptstadt wurde ein eigenes Modell entwickelt, dessen Umsetzung im rot-grünen Regierungsübereinkommen verankert ist.

Für Wehsely könnte "Housing First" sogar einen "Paradigmenwechsel in der Wohnungslosenhilfe" einleiten: Denn damit stehe eine eigene Wohnung am Beginn und nicht erst – wie bisher – am Ende des Betreuungsverhältnisses. Da die Wiener Wohnungslosenhilfe auf einem Stufenmodell basiert, müssen Obdachlose im Normalfall erst mehrere Schritte durchlaufen, bis sie in ihre eigenen vier Wände ziehen können.

Das neue Vorhaben verfolgt einen grundsätzlich anderen Ansatz: Hilfesuchende werden ohne vorherige Betreuung in Wohnungen untergebracht. Die Miete muss von Anfang an selbst bezahlt werden, erklärte Hebein, wobei der Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, hinzufügte: "Natürlich kann man nur einen Mietvertrag abschließen, den man sich leisten kann."

Bei den übrigen Angeboten ist es in der Regel so, dass die Betreuer auch Wohnungseigentümer sind. Das wird bei "Housing First" strikt getrennt. Dadurch sollen Menschen wieder früher selbstständig wohnen. Denn: "Bis jetzt haben wir die Wohnungslosen sehr an der Hand genommen", so Hacker. Trotzdem gibt es bei dem neuen Projekt – wenn von den Betroffenen gewünscht und gebraucht – auch eine professionelle Hilfe bei der Begleitung in die Selbstständigkeit.

Seit September läuft ein Pilotversuch
Ein Pilotversuch zu "Housing First" läuft seit September. Über den Verein "Neunerhaus" stehen 50 Genossenschafts- und Privatwohnungen zur Verfügung. Einige davon sind bereits vergeben, im nächsten halben Jahr sollen es dann alle sein. Zudem soll die Kapazität soll weiter aufgestockt werden, erklärte Hacker.

Damit können u.a. Personen unterstützt werden, für die das Zusammenleben eine schwer überwindbare Hürde darstellt und die in betreuten Einrichtungen nicht so gut mit Mitbewohnern auskommen. Außerdem muss eine eigene Wohnung als erstrebenswertes Ziel angesehen werden. Ausschlusskriterien sind u.a. Pflegebedarf sowie akute Selbst- und Fremdgefährdung. Die Menschen müssen also in der Lage sein, sich mit dem Wohnumfeld zu arrangieren.

Verantwortliche: "Wir sind zuversichtlich"
Die Betreuungsarbeit bei "Housing First" ist mit 350.000 Euro budgetiert, das Projekt wird laufend evaluiert. Wehsely geht davon aus, dass man in zwei Jahren, also Ende 2014, sagen kann, ob das Modell "große Zukunft" hat und Teile des Stufenmodells ablösen kann oder ob es "ein Puzzlestein" ist. Hebein betonte: "Wir sind zuversichtlich." Dabei wurde versichert, dass trotz der Einführung von "Housing First" das restliche Angebot erhalten bleibt. Bei einem Erfolg erwarten die Verantwortlichen jedoch, dass die Zahl der Plätze in anderen Bereichen, etwa in Nachtquartieren oder Übergangseinrichtungen, sinken wird.

Insgesamt stellt die Stadt Wien mehr als 45 Millionen Euro für die Wohnungslosenhilfe zur Verfügung. Im Vorjahr wurden in den rund 80 Einrichtungen mit 4.500 Schlaf- und Wohnplätzen 8.280 Personen betreut. Zudem gab es in den zehn Nachtquartieren 373 Schlafplätze – Hilfesuchende nutzten dieses Angebot im Schnitt 20 Tage lang. Wehsely betonte, dass man für den bevorstehenden Winter gerüstet sei. Innerhalb kurzer Zeit könnten bis zu 250 weitere Nächtigungsplätze geschaffen werden, wofür ein Budget von 400.000 Euro reserviert wurde. Derzeit gebe es noch gut 50 freie Plätze in den Nachtquartieren.

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