Zwei Drittel der Österreicher haben sich 1994 für den EU-Beitritt ausgesprochen. Heute gehören wir zu den Ländern mit der höchsten EU-Skepsis in der Union. Woran das liegt und was die Union dem Land gebracht hat, waren Themen einer Diskussionsveranstaltung zwischen alten Politikern und jungen Bürgern.
Bundespräsident Van der Bellen hatte zum Dialog anlässlich 30 Jahre EU-Referendum geladen. Zu Gast waren politische Persönlichkeiten, die federführend beim EU-Beitritt waren, darunter die Ex-Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ), Wolfgang Schüssel (ÖVP) und die ehemaligen Minister Ferdinand Lacina, Brigitte Ederer (beide SPÖ) und Maria Rauch-Kallat (ÖVP) sowie der erste österreichische EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP).
Wahlaufruf von Alt-Politikern
Die Politiker riefen bei dieser Gelegenheit zur Teilnahme an der EU-Wahl am 9. Juni auf. Der EU-Beitritt habe zu einer „großen österreichischen Erfolgsgeschichte“ geführt, betonte Van der Bellen. Diese solle uns aber nicht ermuntern, „auf weichen Kissen nichts zu tun“. Bei der EU-Wahl biete sich nun die nächste Gelegenheit zur Mitbestimmung: „Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch“, appellierte der Bundespräsident.
Vranitzky lobte in einem Statement nach dem Dialog die Erfolge der Union – etwa im Wirtschafts-, Kultur- und Bildungsbereich. Schüssel hob deren Innovationskraft hervor. „Ruhen wir uns nicht auf dem aus, was wir erreicht haben“, hielt aber auch Vranitzky fest, „seien wir uns bewusst, dass große Aufgaben auf uns warten.“ Schüssel sprach sich für die Erweiterung der EU aus, deren Mitglieder dann aber mehr Toleranz füreinander aufbringen müssten.
Wir müssen das Selbstverständliche wieder verständlicher machen.
Altkanzler Wolfgang Schüssel
Bild: APA/HANS PUNZ
Die Menschen in Europa und die Menschen in unserem Land sind eine Schicksalsgemeinschaft.
Altkanzler Franz Vranitzky
Bild: www.romanzachkiesling.at
Einiges Europa ist keine Selbstverständlichkeit
Auch müsse man „Selbstverständliches verständlicher“ und bewusster machen, meinte Schüssel außerdem. Österreich könne bei der Verteidigung des Friedens oder der Bekämpfung des Klimawandels mitreden, und junge Menschen würden das gar nicht anders kennen, so Van der Bellen. Europa wirke zwar selbstverständlich, sei es aber nicht, rief auch die Studentin Marlene Forgber, die an der Diskussion teilgenommen hatte, zur Wahl auf. Denn: „Zu glauben, dass wir der Klimakrise oder Russland oder China als ‘Acht-Millionen-Futziland‘ irgendetwas alleine entgegensetzen könnten, ist wohl ziemlich naiv.“
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