Hype um Korea-Golf

Hyundai i30: Da scheppert nur die Konkurrenz

Motor
20.02.2012 18:04
Da ist er nun also, der Hyundai i30, das wohl meistgehypte Auto Europas, seit ihn VW-Chef Martin Winterkorn millionenfach auf YouTube gelobt hat. Ende März kommt er auf den Markt, ich hatte in Sevilla vorab die Gelegenheit, den deutsch-koreanischen Kompakten unter die Lupe zu nehmen. Eines vorweg: Da scheppert wirklich nix!
(Bild: kmm)

Winterkorn hat sich nur auf die Lenkradverstellung bezogen, tatsächlich gilt das aber für das ganze Auto: Ich wähne mich akustisch eher in einem deutschen. Nicht mal auf Kopfsteinpflaster regt sich ein Geräusch, das da nicht hingehört. Hut ab!

Qualitätssprung im Innenraum
Aber erst mal schauen, dann fahren: Mit seinem Vorgänger, der in den fünf Jahren seines kurzen Lebens schon sehr erfolgreich war, hat der Neue nichts mehr außer dem Namen und dem Radstand (2,65 Meter) gemein. Stellt man die beiden nebeneinander, möchte man nicht glauben, dass beide vom selben Hersteller stammen. Der i30 wirkt durch und durch europäisch und sieht tatsächlich gut aus, nicht nur "für einen Koreaner". Das mag daran liegen, dass er in Rüsselsheim entwickelt wurde (gebaut wird er in Nosovice, Tschechien) und der Chefdesigner Deutscher ist. "Fluidic Sculpture" nennt er den Designansatz, der sich fließende Strukturen aus der Natur zu eigen macht. Das Auto soll "dreidimensional wirken" – äh, ja, keine Sorge, es ist auch dreidimensional. Man kann sich an Ford erinnert fühlen. Von hinten betrachtet kommt mir auch Alfa Romeo (irgendwie der 146er) in den Sinn, aber das dürfte eher weit hergeholt sein.

Die drei Dimensionen sind bestens genutzt, es ist viel Platz im Innenraum des 4,30 m langen 1,78 m breiten und 1,47 m hohen Hyundai i30, auch auf der Rückbank (mit Panoramasonnendach ist hinten allerdings die Kopffreiheit eingeschränkt). Selten erlebt man so viele Ablagemöglichkeiten. Allein zwei getrennte Fächer befinden sich beispielsweise in der Mitte unter der Armaturenkonsole und sie sind (anders als in meinem Test-i40) mit Gummi ausgelegt, sodass auch hier "nix scheppert". Der Kofferraum fasst beachtliche 376 bis 1.316 Liter.

Es sitzt sich gut am Fahrerplatz. Die Sitze sind bequem und ausreichend groß dimensioniert, das Lenkrad ist auffallend weit zu verstellen, die Bedienung gibt praktisch keine Rätsel auf (abgesehen davon, dass ein Knopf am Lenkrad ausschaut wie ein Umluftschalter, aber unnötigerweise von FM auf Mittelwelle umschaltet). Nur der Drehschalter im Blinkerhebel zum Aktivieren der Scheinwerfer ist etwas zu leichtgängig, deshalb betätigt man ihn gerne mal versehentlich. Dafür ist das Navigationssystem eines von der vorzüglichen Sorte: per Touchscreen übersichtlichst zu bedienen, angenehme Stimme, perfekte Grafik. 

Und wie fährt sich das Ganze?
Hyundai hat sich bei der Entwicklung ein hohes Ziel gewählt und dezidiert den Ford Focus als Benchmark genommen, der vor allem in seiner gerade nicht mehr aktuellen Version als der Sportler in der Kompaktklasse gilt; Hyundai-Präsident Chang-Kyun Han erklärt mit dem Brustton der Überzeugung, dass eine perfekte Verbindung aus Komfort und Handling gelungen ist. 

Soweit die Theorie. In der Praxis hat sich Hyundai fahrwerksmäßig enorm entwickelt. Der i30 fährt praktisch auf europäischem Niveau, im Verhältnis noch reifer als der i40, allerdings nicht wie der anvisierte Ford Focus. Trotz seines sportlich-dynamischen Äußeren ist der Hyundai eher auf der komfortablen Seite daheim. Das Fahrfeeling fühlt sich komfortmäßig eher französisch an. Normale Bodenunebenheiten überfedert der Europa-Koreaner angenehm, stärkere Stöße schlagen etwas ruppig ins Gebälk. Wenn den Fahrer der Hafer sticht (mit den Topmotorisierungen durchaus möglich), gerät das Fahrwerk an seine Grenzen, vor allem weil es unterdämpft ist. Dann geht es mit deutlicher Seitenneigung untersteuernd durch die Kurven, wobei das serienmäßige ESP im richtigen Moment im richtigen Maß eingreift. Sportliche Fahrer wünschen sich da noch ein wenig Abstimmungsarbeit.

Wer derlei Ambitionen nicht hat, wird daran, wie der i30 zu bewegen ist, nichts auszusetzen haben und die solide, unaufgeregte Art der Fortbewegung schätzen. Das Sechsgang-Getriebe schaltet sich exakt und flüssig, wenn auch ein wenig kantig. Die elektromechanische Servolenkung lässt sich (ab Ausstattung Europe plus) in ihrer Leichtgängigkeit variieren, wobei ich das "Flex Steering" am liebsten auf "Sport" lasse, um ein bissl was von der Straße mitzukriegen.

Fünf Motorisierungen zur Wahl
Unter der Motorhaube gibt es fünf Möglichkeiten, zwei 1, 4 bzw. 1,6 Liter große Vierzylinder-Benziner mit 100 und 135 PS und drei Diesel: einen 1,4-Liter mit 90 PS und zwei 1600er mit 110 oder 128 PS. Die drei stärksten Motorvarianten sind auch mit einem klassischen Sechsgang-Automatikgetriebe zu haben. Dieses ist nur für gemütliche Naturen geeignet, es bremst den Vortrieb (rund eine Sekunde plus beim 0-100-Sprint) und kostet Sprit (einen bis eineinhalb l/100 km)

Zum Test standen die beiden stärksten Motorisierungen bereit, mit denen sich der i30 flott bewegen lässt. Der 135-PS-Benziner beschleunigt den 1,3-Tonner in knapp unter zehn Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, der sehr intensiv geräuschgedämmte Diesel wiegt 100 kg mehr und braucht mit 128 PS eine glatte Sekunde länger. Immerhin versammelt er sein maximales Drehmoment von 270 Nm schon ab 1.900/min., gönnt sich unten herum also keine Verschnaufpause. Der Benziner verlangt nach Drehzahl, wenn man schnell unterwegs sein will – das kennt man schon vom 5 PS stärkeren Hyundai Veloster.

Auf Wunsch (und gegen 350 Euro Aufpreis) sind alle Motoren (außer Automatikversionen) mit Spritspartechnologie (Start/Stopp, Leichtlaufreifen, Lichtmaschinenmanagement) zu haben, was den Verbrauch senkt: Beim 135-PS-Benziner spricht Hyundai in dem Fall vom besten Leistungs-/Effizienz-Verhältnis im C-Segment (5,0 Liter/100 km, 118 g CO2). Am sparsamsten sind die beiden 1,6-Liter-Diesel, mit 3,7 l/100 km (97 g).

Die koreanischen Domänen schlechthin sind Garantie und Ausstattung bzw. Preis: 5 Jahre Garantie (inkl. Mobilität) ohne Kilometerbegrenzung ist vorbildlich (wobei Konzernbruder Kia 7 Jahre bietet, allerdings mit Kilometerbegrenzung). Preislich beginnt der i30 wegen des 20-jährigen Österreichjubiläums bei 14.990 Euro (nächstes Jahr dann 1.000 Euro mehr). Da sind unter anderem elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, Klimaanlage, Berganfahrassistent, CD-Radio, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung und elektrische Fensterheber vorne schon dabei. Drei Ausstattungsgrundvarianten, sieben Extra-Pakete und weitere 14 Optionen sollen den Wagenhimmel auf Erden bereiten. Vor allem das weit zu öffnende vollflächige Glaspanoramadach ist sehr zu empfehlen (wenn auf der Rückbank keine großgewachsenen Passagiere untergebracht werden sollen).

Hyundai, der wohl einzige Konzern, der sogar das Blech für seine Autos selbst herstellt, hat es weit gebracht und wird es noch viel weiter bringen. Vor allem wenn es Schule macht, dass die Werbung von der Konkurrenz gemacht wird. Die wird sich die tschechischen Deutsch-Koreaner auch künftig ganz genau anschauen. Und der i30 ist durchaus einen Blick wert.

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Warum?

  • Weil er sich richtig gut anfühlt und ebenso ausschaut.
  • Weil das Preis-/Leistungsverhältnis unschlagbar ist.

Warum nicht?

  • Das Fahrwerk ist unterdämpft und für sportliche Fahrer zu weich.

Oder vielleicht ...

  • ... 8.000 Euro drauflegen und einen Golf kaufen. Theoretisch.
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(Bild: KMM)



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