Schauspielhaus Graz

Vorgeschmack auf Zeiten ohne Moral und Mitgefühl

Steiermark
18.03.2023 13:45

Mit Ödön von Horváths „Zur schönen Aussicht“ zeigt Regisseurin Anica Tomic am Grazer Schauspielhaus ein bitterböses Abbild einer total bankrotten Gesellschaft.

Mit einer konzentrierten Horváth-Auseinandersetzung werden Regisseurin Anica Tomić und ihr Team am Schauspielhaus vorstellig. Ihre Fassung von „Zur schönen Aussicht“ ist eine zeitlose Studie charakterlicher Schwächen - vor allem auf männlicher Seite - und erfreulicher Selbstermächtigung eines gar nicht so süßen Mädels.

Stück mit Happy End
„Zur schönen Aussicht“ (1926/1927) ist eines der wenigen Stücke Horvaths, das eine Art Happy End hat. Die von einer moralisch verkommenen Männerrunde drangsalierte Christine (stark und selbstbewusst: Maximiliane Haß), kann sich durch eine Erbschaft aus den Abhängigkeiten befreien. In späteren Stücken hat Horváth auf diese Gnade verzichtet und die brutale, ausbeuterische, korrupte und egozentrische patriarchale Gesellschaft so gezeigt, wie sie nun einmal ist. Oder vielmehr war, denn 1926 hat ja nun wirklich gar nichts mit heute zu tun - wie die Akteure auf der Bühne nicht müde werden zu betonen.

Sittenbild einer verkommenen Gesellschaft
Aus dieser bitteren Komödie formt Tomić ein nicht minder bitteres Sittenbild, in dem sie schonungslos mit den einzelnen Figuren ins Gericht geht. Ein entfesselt aufspielendes Ensemble verleiht diesen nicht gerade liebenswürdige Züge. Da ist Steffi Krautz als reiche, alte Freifrau von Stetten, die vom Hoteldirektor abwärts alle nach ihrer Pfeife tanzen lässt - und dafür am Ende durchaus teuer bezahlt. Und Hoteldirektor Strasser, der ehemalige Star, Offizier und Autoschieber, den Fredrik Jan Hofmann mit Feigheit und aalglattem Charme zeichnet. Hinterhältige und snobistische Züge finden sich beim Bruder der Freifrau (Franz Solar). Dann wären da noch die windigen Angestellten, der brutale Chauffeur (Sebastian Pass) und der zwar harmlos wirkende, aber latent gewaltbereite Kellner (Raphael Muff). Und der Weinvertreter mit Vergangenheit (Rudi Widerhofer), der sich nahtlos in diese Runde reiht.

Besonders schön ist diese Aussicht auf eine in mehrfacher Hinsicht bankrotte Gesellschaft nicht, sehenswert ist der Theaterabend aber allemal. Informationen und Karten bekommt man hier.

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