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Täter-Opfer-Umkehr: Manipulative Schuldzuweisung

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15.03.2023 19:00

Bei der Täter-Opfer-Umkehr handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, bei dem sich der Täter einer schädigenden Handlung als Opfer darstellt, während das eigentliche Opfer als Täter dargestellt wird. Dies kann in einer Vielzahl von Situationen vorkommen, zum Beispiel bei häuslicher Gewalt, Mobbing oder Kriminalfällen. Es handelt sich um eine Manipulationstaktik, die dazu dient, die Schuld abzuschieben und die Verantwortung für die eigenen Handlungen zu vermeiden.

Die Täter-Opfer-Umkehr ist kein neues Phänomen. Der Begriff selbst und das Konzept als psychologisches Phänomen werden jedoch erst in jüngerer Zeit untersucht und diskutiert.

Der Begriff „Täter-Opfer-Umkehr“ wurde in der psychologischen Literatur erstmals Anfang der 1980er-Jahre im Zusammenhang mit dem Verständnis und der Behandlung häuslicher Gewalt verwendet. Seitdem wurde er in verschiedenen Zusammenhängen untersucht und diskutiert, zum Beispiel im Zusammenhang mit Mobbing, sexuellen Übergriffen und Missbrauch sowie im Strafrechtssystem.

In den letzten Jahren wurde das Konzept der Täter-Opfer-Umkehr in den Medien und in der Populärkultur immer stärker anerkannt und diskutiert. Mit der zunehmenden Sensibilisierung für Themen wie Mobbing und häusliche Gewalt wuchs auch die Erkenntnis, dass Täter ihre Opfer manipulieren, um ihnen die Schuld zuschieben zu können.

(Bild: Copyright (C) Andrey Popov)

Wo tritt das Phänomen auf?
Die Umkehrung der Täter-Opfer-Beziehung kann in einer Vielzahl von Situationen auftreten.

  • Häusliche Gewalt
    Täter, die häusliche Gewalt ausüben, leugnen möglicherweise die Misshandlung oder geben ihren Opfern die Schuld daran. Sie behaupten, dass ihre Opfer verrückt wären oder überreagieren und stellen sich selbst als Opfer dar.
  • Mobbing
    Mobber können ihre Opfer beschuldigen, „zu sensibel“ zu sein oder das Mobbing zu provozieren. Sie behaupten häufig, dass das Opfer das Problem selbst verursache und sie selbst das eigentliche Opfer seien.
  • Strafsachen
    In einigen Strafsachen kann der Täter behaupten, dass er in Notwehr gehandelt hat oder dass das Opfer den Schaden, der ihm zugefügt wurde, in irgendeiner Weise verdient habe.
  • Sexuelle Nötigung und Belästigung
    Bei sexuellen Übergriffen und Belästigungen geben die Täter möglicherweise dem Opfer die Schuld an ihrem Verhalten und behaupten, das Opfer habe sie verführt oder die Tat herausgefordert.
  • Politik
    Politiker geben manchmal den Medien, der gegnerischen Partei oder anderen die Schuld für ihre eigenen Unzulänglichkeiten. Sie stellen sich somit selbst als Opfer einer ungerechten Behandlung dar.

Dies sind nur einige Beispiele. Die Täter-Opfer-Umkehr kann in jeder Situation auftreten, in der jemand eine andere Person schädigt und dann versucht, sich der Verantwortung für sein Handeln zu entziehen, indem er die Schuld auf das Opfer abwälzt.

Wie erkennen Sie dieses Phänomen?
Das Erkennen der Täter-Opfer-Umkehr kann schwierig sein, da Täter oft Manipulationstaktiken anwenden, um die Schuld auf ihre Opfer zu übertragen. Dennoch gibt es einige Anzeichen, die auf eine Täter-Opfer-Umkehr hinweisen können:

  • Leugnung und Verharmlosung
    Der Täter leugnet oder verharmlost den Schaden, den er verursacht hat. Er behauptet, seine Handlungen waren nicht missbräuchlich, oder dass das Opfer überreagiert.
  • Schuldzuweisung
    Der Täter gibt dem Opfer die Schuld für den Schaden, den er verursacht hat. Er behauptet, das Opfer habe den Schaden selbst verursacht oder verdient und versucht das Opfer als Problem darzustellen.
  • Emotionale Manipulation
    Der Täter setzt emotionale Manipulation ein. Häufig werden Taktiken wie Gaslighting, Schuldzuweisungen oder emotionale Erpressung angewendet, um das Opfer dazu zu bringen, seine eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen zu hinterfragen.
  • Der Täter stellt sich selbst als das Opfer dar
    Er behauptet, dass er derjenige sei, der verletzte oder misshandelt wurde und dass das Opfer die Probleme verursache.
  • Isolierung
    Der Täter versucht das Opfer von Familie, Freunden oder anderen Unterstützungssystemen abzuschirmen, um es dem Opfer zu erschweren, über den Missbrauch zu sprechen.

Es ist wichtig, die Schilderungen des Opfers ernst zu nehmen und seine Erfahrungen nicht aufgrund von Manipulationstaktiken des Täters abzutun. Auch in Fällen von häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Mobbing oder anderen Situationen, die mit Missbrauch einhergehen, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

HILFE UND INFORMATIONEN

Opfer, die Gewalt erleben, finden hier Hilfe und Unterstützung:
- Frauenhelpline unter der Telefonnummer 0800/222 555 (kostenlos und rund um die Uhr), frauenhelpline.at
- Notruf des Vereins Frauenhäuser: 05/7722 Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter aoef.at
- Opferschutzorganisation Weißer Ring unter der Telefonnummer 0800/112-112 oder im Internet www.opfernotruf.at

Die Caritas hat auch speziell für Männer viele Beratungsstellen, wo sich Betroffene in Krisensituationen hinwenden können. 
- Männerberatung der Caritas

Was können Betroffene tun?
Wenn Sie von einer Täter-Opfer-Umkehr betroffen sind, gibt es einige Dinge, mit welchen Sie sich helfen und schützen können:

  • Suchen Sie sich Unterstützung!
    Es ist wichtig, ein Unterstützungssystem zu haben. Dazu können Freunde, Familie oder Fachleute wie Therapeuten oder Berater gehören. Sie können Ihnen emotionale Unterstützung bieten und Ihnen helfen, das Erlebte zu verarbeiten.
  • Dokumentieren Sie den Missbrauch!
    Führen Sie ein Tagebuch oder eine Aufzeichnung der Missbrauchsvorfälle, einschließlich des Datums, der Uhrzeit und der Einzelheiten des Geschehens. Dies kann nützlich sein, wenn Sie in Zukunft rechtliche oder medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssen.
  • Holen Sie sich rechtlichen Beistand!
    Wenn Sie Opfer von häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen oder anderen Straftaten sind, können Sie sich an eine örtliche Organisation wenden, die Rechtsbeistand leistet. Diese können Sie über Ihre Rechte und Möglichkeiten aufklären und Ihnen dabei helfen, eine einstweilige Verfügung oder einen anderen Rechtsschutz zu erwirken.
  • Bilden Sie sich weiter!
    Informieren Sie sich über die Dynamik von Missbrauch und Täter-Opfer-Umkehr, damit Sie besser verstehen können, was Sie erleben und wie Sie darauf reagieren können.
  • Finden Sie sichere Orte!
    Suchen Sie sichere Orte, sei es das Haus eines Freundes oder Familienmitglieds oder ein örtliches Heim. Das Wissen, dass es einen sicheren Ort gibt, an den Sie gehen können, wenn Sie eine unsichere Situation verlassen müssen, kann Ihnen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Eine Liste der Gewaltschutzzentren und Frauenhäuser in Österreich finden Sie auf https://www.oesterreich.gv.at/.
  • Erstellen Sie einen Sicherheitsplan!
    Wenn Sie sich in einer anhaltenden Missbrauchssituation befinden, ist es wichtig, einen Sicherheitsplan zu erstellen. Darin sollte enthalten sein, wie Sie sich an einen sicheren Ort begeben, wie Sie Freunde und Familie um Hilfe bitten und wie Sie Notdienste erreichen können.

Denken Sie daran, dass die Täter-Opfer-Umkehr eine Manipulationstaktik des Täters ist, um sich vor der Verantwortung zu drücken und dass Sie für den Missbrauch, den Sie erleben, nicht verantwortlich sind. Wenn Sie sich Hilfe und Unterstützung suchen und Ihre Rechte kennen, können Sie die Kontrolle über Ihr Leben zurückgewinnen und den Heilungsprozess einleiten.

(Bild: somkanokwan - stock.adobe.com)

Wie können Angehörige das wahre Opfer erkennen?
Das Erkennen des wahren Opfers nach einer Täter-Opfer-Umkehr kann schwierig sein. Es gibt jedoch einige Anzeichen, die Ihnen helfen können, das wahre Opfer vom Täter zu unterscheiden.

  • Achten Sie auf Muster!
    Achten Sie auf Verhaltensmuster. Ein echtes Opfer wird wahrscheinlich übereinstimmende und glaubwürdige Berichte über den erlebten Missbrauch haben. Der Täter kann seine Geschichte ändern oder versuchen, die Wahrheit zu verschleiern.
  • Hören Sie dem Opfer zu!
    Hören Sie sich die Schilderungen des Opfers an und nehmen Sie seine Worte und Erfahrungen ernst. Ein echtes Opfer kann Anzeichen eines Traumas zeigen, wie zum Beispiel Angst, Beklemmung oder Depression. Es kann auch körperliche Verletzungen oder andere Anzeichen von Missbrauch aufweisen.
  • Achten Sie auf defensives Verhalten!
    Täter werden möglicherweise defensiv oder versuchen, die Schuld auf das Opfer abzuwälzen, wenn sie auf ihre Verhalten angesprochen werden. Ein echtes Opfer hingegen kann sich verletzlich zeigen und bereit sein, die Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen.
  • Suchen Sie professionelle Hilfe auf!
    Eine geschulte Fachkraft wie ein Therapeut, Berater oder Sozialarbeiter kann Ihnen helfen, die Anzeichen von Missbrauch zu erkennen und festzustellen, wer das wirkliche Opfer ist. Sie können dem Opfer auch Unterstützung und Beratung bieten.
  • Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse!
    Es ist wichtig, unvoreingenommen zu sein und keine Vermutungen aufgrund von Äußerlichkeiten oder vorgefassten Meinungen anzustellen.

Denken Sie daran, dass die Täter-Opfer-Umkehr eine Manipulationstaktik des Täters ist und dass das wahre Opfer derjenige ist, der Schaden erleidet. Es ist wichtig, Empathie zu zeigen, dem wirklichen Opfer zuzuhören und es zu unterstützen und den Täter für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen.

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