Private Krisen, Pandemie, Unsicherheit ob der Zukunft - US-Superstar Pink hat alle Krisen und Unsicherheiten bekämpft und überstanden. „Trustfall“ ist ein in Albumform gegossenes Manifest für Selbstbestimmung, Zuversicht und Spaß am Leben. Am 1. und 2. Juli dann bei „Krone“-Konzerten auch live im Wiener Happel-Stadion.
Schon lustig, wie sich manche Kreise wie von selbst schließen. Vor wenigen Tagen sang US-Country-Superstar Chris Stapleton in der Super Bowl Halftime-Show die amerikanische Hymne so intensiv und gut wie kaum jemand vor ihm in der Geschichte dieses global prestigeträchtigen Wettbewerbs. Wenige Tage später rückte Top-Star Pink an die Front und teilte der Welt mit, dass sie an einem solchen Auftritt gar nicht interessiert sei. Der Grund dafür: es mangle an Respekt und Freude. Dass sie 2018 an ebenjener Stelle aber bereits auftrat und durchaus zu überzeugen wusste, hat sie wohl verdrängt. Auf Pinks mittlerweile neuntem Studioalbum „Trustfall“ gibt es mit dem berührenden Closer „Just Say I’m Sorry“ jedenfalls eine Kooperation zwischen den beiden gegenteiligen Polen, die genau so funktioniert, wie man es sich vorstellt: uneingeschränkt wundervoll.
Verarbeitung schwerer Verluste
Alecia Moore Hart, so Pink mit bürgerlichem Namen, hat aus ihrem Herzen noch nie eine Mördergrube gemacht und ist oft und offensiv mit privaten Themen und Emotionen über die Musik in die Öffentlichkeit gegangen. „Trustfall“ ist dabei aber nicht nur den zwei harten Jahren der Pandemie gewidmet. Für Pink war das hartnäckig umtriebige Virus Nebensache, sie erlitt zuletzt schwere Verluste im hochprivaten Bereich. Vor etwa eineinhalb Jahren verstarb ihr geliebter Vater, wenig später folgte ihm eine ihrer besten Freundinnen - die Nanny ihrer Kinder. Diese Ohnmacht und die unsäglichen psychischen Schmerzen verarbeitete Pink im Eröffnungssong „When I Get There“, einer kitschfreien, aber intensiven Ballade über die Sehnsucht, verlorene und geliebte Menschen wiederzutreffen und mit ihnen kommunizieren zu können.
„Trustfall“ erzählt in 13 sorgsam ausgewählten Songkapiteln von der Seelenwelt der 43-Jährigen, deren Leben trotz aller beruflichen Erfolge eine ähnliche Achterbahnfahrt darstellt, wie das hier vorliegende Album. Die Anordnung der Songs war Pink ein besonderes Anliegen, für den Hörer ergibt sich eine Berg- und Talfahrt, die bewusst so geplant ist, wie sie in Interviews erklärte. „Für mich ist das Leben ein Auf und Ab und ich wollte, dass das Album eine komplette emotionale Reise darstellt.“ Dementsprechend reihen sich Up-Tempo-Songs und balladeske Momente in wohlüberlegten Momenten aneinander. Selten wird eine Grundstimmung über längere Zeit hinweg getragen. Der bloße Gedanke, das Album in eine Hälfte voller Lebensfreude und eine Hälfte voll melancholischer Trauerstimmung zu teilen, bescherte der meinungsstarken Künstlerin ein kühles Schaudern auf der Haut.
Nicht immer souverän
Angst vor Disco-Krachern mit EDM-Schick hat Pink keinesfalls. Der Titeltrack ist ein kurzweiliger Banger für die Tanzfläche, auch das sonnige und vorab ausgekoppelte „Never Gonna Dance Again“ lässt die Sonne des Lebens hell erstrahlen - obwohl der Song einen ernsten Hintergrund hat. In besagtem Fall flüchtete sie im Badeanzug vor Paparazzi-Fotos und verzichtete damit einhergehend aufs Spielen mit den eigenen Kindern. Im Nachhinein ärgerte sich die Künstlerin über sich selbst und einen verpassten Gemeinschaftsmoment. „Never Gonne Dance Again“ ist eine optimistisch vertonte Hymne, um für sich selbst einzustehen und sich nicht von äußeren Einflüssen verunsichern zu lassen. Selbst einer deklarierten Powerfrau wie der seit mehr als 20 Jahren grell im Rampenlicht leuchtenden Pink gelingt es nicht immer, ihre öffentliche Souveränität zu wahren - ein tröstlicher Gedanke für den Otto-Normalverbraucher.
Auch in der Auswahl ihrer Liedpartner ist Pink besonders behutsam vorgegangen. Anstatt sich mit Champions-League-Name-Dropping zu schmücken und damit ihre hohe Business-Wertigkeit zu potenzieren, hat sich die Vollblutmusikerin aus Pennsylvania genau die richtigen Mitstreiter für die richtigen Stimmungen gesucht. Der eingangs erwähnte Stapleton für den emotionalen Moment zum Abschluss, die folkig angehauchten Waldschraten The Lumineers verzaubern bei „Long Way To Go“ mit einer gewissen Sehnsuchtstheatralik und beim Lagerfeuer-Schunkler „Kids In Love“ sorgt das schwedische Indiepop-Duo First Aid Kit für eine heimelige Atmosphäre. „Runaway“ hingegen ist kein Bon-Jovi-Cover, sondern eine Verbeugung vor den ungezwungenen 80er-Jahren mit Synthie-Pop-Gestus. An diesem Trend kommt auch Pink nicht ganz vorbei.
Wut und Reflektion
Dass nach 17 Jahren Ehe auch einmal das Honeymoon-Feeling verflogen ist, davon verkünden die Songs „Hate Me“ und „Lost Cause“, die sich keinesfalls um gescheiterte Beziehungen aus der Vergangenheit drehen, sondern eben um die Liaison zu Göttergatte Carey Hart. Freilich nicht ohne eine gehörige Portion Selbstreflektion. „Manchmal möchte ich diesen Typen einfach nur treten“, lachte sie in einem Gespräch, „aber ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es erst sein muss, mit mir verheiratet zu sein.“ Der Titel ist ebenso wie das Abschlusslied trotz aller Kanten und Kurven doch sehr persönlich geraten. Es geht um das Vertrauen und darum, sich fallen lassen zu können. Dinge, die Pink trotz der persönlichen Rückschläge und bösen Krisen gelernt hat und die sie zu einem ausgeglicheneren Familienmenschen gedeihen ließen. Zwischen Balladen und formatradiotauglichen Pophits passt bei Pink kein Blatt Papier - die Erfolgsstory geht unaufhörlich weiter. Wer braucht da denn Superbowl?
Zweimal in Wien
Im Zuge ihrer „Summer Carnival Tour“ kommt Pink am 1. und 2. Juli gleich für zwei „Krone“-Riesenkonzerte ins Wiener Ernst-Happel-Stadion. Das erste Konzert ist restlos ausverkauft, die Tickets für Show zwei werden zunehmend knapp. Unter www.oeticket.com gibt es noch welche, man sollte sich aber sicherheitshalber beeilen.
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