Uralte Rituale

Die „Zammer Kräuterhex“ und ihre Räucher-Kunst

Tirol
01.12.2022 16:00

Sie nennt sich selbst „Kräuterhex“ und hat sich ganz den Gaben der Natur verschrieben. Zu Besuch bei Michaela Thöni-Kohler in ihrem Kräuterstadel in Zams. Dort zeigt sie, wie faszinierend das Räuchern ist. 

„Also, mit der Esoterik hab’ ich nichts am Hut.“ Michaela Thöni-Kohler lacht verschmitzt bei dieser Feststellung. Die g’standene Oberländerin wird wohl häufig nach den spirituellen Werten des Räucherns gefragt. Laien kennen die uralte Kulturtechnik zumeist nur im Zusammenhang mit religiösen Ritualen. Rund um Weihnachten steht das Räuchern hoch im Kurs. Und wer darüber spricht, hat sofort den Duft von Weihrauch in der Nase. „Ich persönlich verwende Weihrauchharz kaum. Die Natur vor unserer Haustür bietet zahlreiche Alternativen zu diesem exotischen Räucherwerk“, sagt die ausgebildete Kräuterfachfrau.

So kennen viele die Tradition: Der Vater streift zur Weihnachtszeit durchs Haus und den Stall, um alles Schlechte zu vertreiben. (Bild: Kary Wilhelm)
So kennen viele die Tradition: Der Vater streift zur Weihnachtszeit durchs Haus und den Stall, um alles Schlechte zu vertreiben.

Heimische Kräuter statt exotisches Weihrauchharz
Wie viel die Tiroler Natur bietet, wird Besuchern ihres Kräuterstadels in Zams rasch klar. Die Regale sind voll mit Dosen und Gläsern, in denen Thöni-Kohler ihre auf ihrer eigenen Bergwiese und im Wald gesammelten Schätze aufbewahrt. Hier steigt einem der Duft von reinigendem Zirbenharz und mutmachendem Thymian in die Nase. Hier liefern Rosenblätter und Ringelblumenblüten, Vogelbeere und Honigklee nicht nur Wohlgeruch, sondern auch wunderbare Farbtupfer in den Räuchermischungen.

„Räuchern ist die älteste Form der Aromatherapie“, klärt uns die Fachfrau auf. In allen Weltgegenden haben sich unabhängig voneinander Rituale entwickelt. Die Japaner tun es ebenso wie die Inuit, die Ureinwohner Amerikas ebenso wie Volksstämme in Afrika. In unseren Breiten wird die Tradition als so genannter Schutzbrauch vor allem in den Raunächten zwischen Weihnachten und Dreikönig gepflegt.

Wenn der Rauch zum Himmel steigt, werden aber nicht nur göttliche Verbindungen geknüpft, sondern auch ganz irdisch-praktische Zwecke erfüllt. Thöni-Kohler berichtet von der antibakteriellen und antiviralen Wirkung des Räucherns. So manches Krankenzimmer hat sie schon mit ihren Düften gereinigt. Den Wacholder nennt sie in diesem Zusammenhang als eine Allzweckwaffe. Er ist Symbol für das ewige Leben und wichtige Schutzpflanze. „Wer ihn in der Grippezeit verwendet, tut sich was Gutes“, sagt die Expertin.

Räuchertipps für Anfänger und Fortgeschrittene 
Wer Wacholder, Kräuter und Blumen in duftenden Rauch verwandeln will, sollte allerdings mit Bedacht an die Sache herangehen. Die „Zammer Kräuterhex“ empfiehlt Einsteigern Räucher-Stövchen, „in denen das Räucherwerk nicht verbrennen kann“. Bei der Verwendung von Kohle sei das leider ein gängiger Fehler. Bei dieser Variante gelte es, mit Geduld vorzugehen und darauf zu achten, dass die Kohle außen gräulich bis weiß wird, bevor man das Räucherwerk dazugibt. Für Fortgeschrittene tun sich zahlreiche weitere Methoden auf: Räuchertuch, -schemel oder -bündel. Thöni-Kohler verwendet selbst gerne Kräuterbündel, bei denen so richtig der Rauch aufgeht.

Fakten

80 Räucherpflanzen stellt die „Zammer Kräuterhex“ Michaela Thöni-Kohler in ihrem Buch „Räuchern in den Alpen“ (Tyrolia-Verlag) vor. Sie beschreibt ihre Wirkung und den Einsatz beim Räuchern. Die Autorin informiert umfassend über Räuchertraditionen und -praktiken.

In der Coronazeit wurde die Oberländerin oft gerufen, um Zimmer und Häuser „zu reinigen“. Ritual und Wirkung der Pflanzen gehören für sie untrennbar zusammen. Anlässe zum Räuchern gebe es das ganze Jahr, sagt sie, „nicht nur zu Weihnachten“.

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