Neues Videomaterial, das der Organisation „Vier Pfoten“ zugespielt wurde, zeigt brutale Szenen von Gänsen, die auf polnischen Farmen unter lautstarken Schmerzen lebend gerupft werden. Die grausame Prozedur ist in der EU verboten. Während der natürlichen Mauser der Vögel ist das Sammeln von Federn und Daunen jedoch erlaubt, was von den Gänsefarmern ausgenützt wird.
Auch internationale Modemarken wie Prada, Max Mara und Michael Kors, die sich noch zu keinen Standards verpflichtet haben, um Lebendrupf aus ihren Lieferketten zu verbannen, machen sich dieses profitable Schlupfloch zunutze. Die grausamen Szenen von Tierquälerei zeigen die Praxis, wie sie auf knapp der Hälfte der insgesamt 35 besuchten Gänsefarmen in Polen an der Tagesordnung stehen. Veronika Weissenböck, Kampagnenleiterin bei „Vier Pfoten“, erklärt: „Die Aufnahmen zeigen, wie grausam die Modebranche sein kann, wenn Profit über das Wohlergehen der Tiere gestellt wird. Im vorliegenden Fall sieht man, wie Gänse bei lebendigem Leib gerupft werden - manche Tiere liegen dabei schon leblos am Boden.“
An 95 Prozent der Daunen klebt Blut
Mit dem nahenden Winter werden wieder viele Menschen weltweit zu Daunenjacken greifen. Oftmals geschieht dies jedoch, ohne dass die Träger über die dahinterliegenden Tierschutzverletzungen Bescheid wissen. Statistiken zeigen, dass nur fünf Prozent der weltweit hergestellten Daunen und Federn aus verantwortungsvollen Quellen stammen. Einige Marken wie H&M, Patagonia und The North Face sind jedoch bereits Vorreiter für positive Entwicklungen, indem sie Tierschutzstandards umsetzen oder auf tierfreie Alternativen umsteigen. „Vier Pfoten“ fordert mehr Modemarken auf, diesen Beispielen zu folgen.
Dutzende Male gerupft - über Jahre
Wenn sich die Gänse in der natürlichen Mauser befinden, wäre es möglich, die Federn auf eine schonende Weise zu gewinnen. Da aber nicht alle Tiere zur gleichen Zeit mausern, werden alle Tiere aus rein wirtschaftlichen Gründen zum selben Zeitpunkt brutal gerupft. „Auffällig bei den jüngsten Untersuchungen ist auch, dass Lebendrupf besonders in Elterntierbetrieben weit verbreitet ist. Diese Vögel werden mehrere Jahre gehalten, was den Federn- und Daunenertrag noch einmal signifikant erhöht. Wir schätzen, dass Gänse in Elterntierbetrieben bis zu 16 Mal den Qualen des Lebendrupfens ausgesetzt sind, bevor sie geschlachtet werden", sagt Weissenböck.
Ein viele Millionen US-Dollar schweres Geschäft
Schätzungen zufolge belief sich die weltweite Produktion von Daunen und Federn im Jahr 2020 auf rund 532.528 Tonnen, wobei China das größte Exportland ist: 70 Prozent (566 Mio. US$) aller Daunen- und Federprodukte kommen von ebenda. An zweiter Stelle steht Taiwan mit einem Exportvolumen von 165 Mio. USD. Polen ist der drittgrößte Exporteur von Daunen und Federn, mit einem Wert von 73,8 Mio. US$ im Jahr 2020. Die USA (72,8 Mio. US$) und Deutschland (67,7 Mio. US$) liegen auf den unrühmlichen Plätzen vier und fünf der weltweiten Rangliste der Daunenexporte.
„Die Verbraucher können zu einer positiven Entwicklung beitragen, indem sie Produkte wählen, die tierfreie Alternativen oder zumindest zertifizierte Daunen und Federn enthalten. Wichtig ist aber, darauf hinzuweisen, dass die Elternfarmen in der Regel nicht von diesen Zertifizierungen erfasst werden. Deshalb ist es umso dringender, dass Marken und Hersteller von Daunenprodukten ermutigt werden, deren gesamte Lieferkette frei von Lebendrupf zu halten", so Weissenböck.
Grausame Verbindung mit der Stopfleberindustrie
Viele Vögel, die für Daunen verwendet werden, stammen aus der Stopfleberindustrie, wo sie im Alter von etwa acht Wochen mit Metallrohren zwangsgefüttert werden, die man ihnen in den Hals schiebt, um ihre Mägen mit Nahrung vollzupumpen - weit mehr, als sie auf natürlichem Wege aufnehmen könnten. Dieser Vorgang wird mehrmals täglich wiederholt und führt dazu, dass die Leber der Vögel auf das Zehnfache ihrer natürlichen Größe anschwillt, was zu Organversagen, Schnabel- und Halsverletzungen sowie Lungenentzündungen führen kann. Aufgrund der Brutalität der Fütterung sterben viele Vögel während oder nach der Prozedur. Diejenigen, die überleben, können sich aufgrund ihrer korpulenten Körper kaum noch bewegen.
Bedenken hinsichtlich der Umwelt
Die Intensivierung der Geflügelindustrie hat zu vielfältigen Umweltauswirkungen geführt. Die Schlachthöfe setzen enorme Abfallmengen in die Umwelt frei, die den Boden und die Gewässer verschmutzen und ein ernsthaftes Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Geflügelnebenprodukte und -abfälle können bis zu 100 verschiedene Arten von Mikroorganismen, einschließlich Krankheitserregern enthalten. Antibiotika, Pestizide und Hormone, die in die Wasserwege gelangen, haben mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristige Auswirkungen auf das Ökosystem.
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