Bankenchef antwortet

Was wird aus unserem Geld, Herr Gasselsberger?

Oberösterreich
15.10.2022 08:00

Viele Österreicher haben das Gefühl, ihr Finanzleben gleich gerade einem Fass ohne Boden: Rekord-Inflation, stagnierende Gehälter und steigende Kreditzinsen - wie soll es weitergehen? Einer, der nicht nur gern übers Geld redet, sondern auch eine Ahnung davon hat, ist Oberbank-Chef Franz Gasselsberger. Wie er die Situation einschätzt und was uns erwartet - der Manager liefert Antworten.

Österreich hat die „Inflations-Schallmauer“ von 10% geknackt. Was ist noch zu erwarten?

Zu einer Beruhigung der Inflation könnte es - wenn auch auf höherem Niveau - in den nächsten Monaten kommen. Die wichtigsten Rohstoffpreise gehen bereits nach unten. Mit Ausnahme der Energie. Da weiß niemand, wo es noch wirklich hingehen könnte.

Worauf sollen sich Kunden, die sparen wollen, einstellen?

Es gibt wieder Zinsen, das ist für Sparer und Anleger eine gute Nachricht. Die Anleihe feiert überhaupt ein Comeback und damit gibt es für die Geldanleger in allen Risikokategorien wieder interessante Wertpapiere. Ein starker Fokus liegt bei uns auf nachhaltigen Investments.

Angenommen, jemand möchte einen Wohnbaukredit aufnehmen - sagen wir in der Höhe von 300.000 Euro. Mit welchen Konditionen ist hier aktuell zu rechnen? 

Wenn Sie heute einen Wohnbaukredit in der Höhe von 300.000 € mit Laufzeit 360 Monate aufnehmen und 50% fix und 50% variable Verzinsung wählen, dann bezahlen Sie für den fixen Teil 4,07% (15 Jahre fix), wobei die Rate bei 740,15 Euro liegt. Für den variabel verzinsten Teil bezahlen Sie aktuell 2,36% (Bindung an 6-Monats-Euribor). Hier liegt die Rate bei 594, 84 Euro.

Pensionen sind in Österreich seit jeher auch ein politisch heißes Eisen…

Fakt ist: Noch immer verlassen sich zu viele Menschen in Österreich auf die staatliche Pension. Das wird nicht reichen. Zwei Maßnahmen wären meiner Meinung nach dringend notwendig: Die betriebliche und die private Vorsorge muss ausgebaut und attraktiviert werden. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gibt es keine Förderungen und keine steuerlich begünstigten Produkte. Auch müsste man die Menschen generell entlasten, was die Lohnnebenkosten anbelangt - eben damit sie auch etwas mehr für ihre Altersvorsorge tun könnten. Das wird noch ein Riesenproblem in Österreich.

Wie sollen Menschen Ihrer Meinung nach im Alter vorsorgen?

Lebensversicherungen und Anleihen sind geeignete Mittel, um im Alter vorzusorgen.

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Wenn jemand aber glaubt, auf Kryptowährung zu setzen, kann er gleich sein Geld beim Fenster hinauswerfen.

Franz Gasselsberger auf die Frage, ob Krypto eine gute Alternative zum Sparbuch ist

Was halten Sie von Gold oder Kryptowährung als Vorsorge?

Wenn jemand unbedingt Teile seines Vermögens in Gold anlegen will, soll er das von mir aus tun - Zinsen bekommt man dafür aber keine. Ratsam wäre es, zwischen 5 und 10% anzulegen.  Wenn jemand aber glaubt, auf Kryptowährung  zu setzen, kann er gleich sein Geld beim Fenster hinauswerfen. Da wäre es besser, ins Casino zu gehen -  davon haben wenigstens die Lotterien und die Casinos Austria.

Die Hälfte der Österreicher hat laut Studien weniger als 1000 € an Geldreserven. Was sagen Sie dazu?

Bis jetzt können unsere Kunden den finanziellen Alltag bewältigen. Kontoüberziehungen sind noch nicht in großer Zahl messbar. Was wir aber feststellen ist, dass die Sparquote deutlich gesunken ist. Selbst in der Niedrigzinsphase haben die Menschen zwischen 14 und 15% ihres verfügbaren Einkommens zurückgelegt. Gegen Jahresmitte ist die Sparquote aber eingebrochen. Erste Prognosen besagen, dass die Sparquote gegen Jahresende bei 7% liegen wird, möglicherweise sogar nur bei 5%. Warum? Weil die Leute das Geld brauchen, um ihren Alltag zu bewältigen. Sie tun sich schwer, etwas auf die Seite zu legen.

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Vor allem ältere Menschen fürchten mit der möglichen Abschaffung des Bargeldes um ihre Autonomie, sie fühlen sich bevormundet und eingeschränkt.

Franz Gasselsberger über die viel diskutierte Abschaffung von Bargeld

Wird es in Zukunft noch Bargeld geben?

Das ist naturgemäß ein hochemotionales Thema. Ich glaube, dass Bargeld weiterhin Bestand hat, immerhin ist es Teil unserer mitteleuropäischen Kultur. Der Vergleich mit skandinavischen Ländern hinkt, schließlich gibt es dort keine flächendeckende Bargeldversorgung und kein aufrechtes Filialnetz. Bei uns in Österreich ist eine Versorgungssicherheit zu 100% gegeben. Vor allem ältere Menschen fürchten mit der möglichen Abschaffung des Bargeldes um ihre Autonomie, sie fühlen sich bevormundet und eingeschränkt. Auch bin ich davon überzeugt, dass Kinder den Umgang mit Geld am besten mit Bargeld lernen.

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