„Vertiefende Prüfung“

Gewessler will Lobautunnel endgültig stoppen

Wien
29.09.2022 11:39

Leonore Gewessler will den Lobautunnel nun endgültig zu Fall bringen. Wie die Klimaschutzministerin am Donnerstag bekannt gab, wird sie eine sogenannte „vertiefende Prüfung“ in die Wege leiten, in deren Folge das Projekt gestrichen werden soll. Basis für die Entscheidung, die von der ÖVP scharf kritisiert wird, ist eine Expertise, der zufolge die Straße für die von Wien selbst gesetzten Klimaziele kontraproduktiv wäre.

Gewessler betonte ein weiteres Mal, dass man nicht auf klimaschädlichen Projekten beharren könne, wenn es bessere Alternativen gebe. Dass diese vorhanden sind, sieht sie durch die Studie von Günter Emberger von der TU Wien bestätigt. Wien und Niederösterreich hätten ja ihr Angebot, Alternativen zu präsentieren, bisher leider abgelehnt. Die Tür dafür stehe aber weiter offen.

Die Expertise sagt im Wesentlichen, dass es keine Maßnahmen über die ohnehin bereits geplanten brauche, um eine Anbindung der Donaustadt zu gewährleisten. Die Stadtstraße wird ja co-finanziert, zudem gibt es diverse Ausbaupläne im öffentlichen Verkehr, von S80 über Verlängerung der Straßenbahn 25 bis hin zu Schnellbussen.

Mehr Verkehr durch „höherrangige Straße“
Die Studie der TU argumentiert, dass schon die Umsetzung der von der Stadt Wien selbst gesetzten Ziele zu einer deutlichen Verkehrsentlastung führe. Eine höherrangige Straße wäre dagegen kontraproduktiv, würde sie doch zu mehr Verkehr führen. Die Klimaministerin sähe den Lobautunnel daher als massive Erschwerung der Zielerreichung. Alternativen seien der Ausbau der Öffis und Investitionen in das niederrangige Straßennetz.

Nun möglichst schnelle „strategische Prüfung“
Die Expertise ist für Gewessler nun die Basis, um eine „strategische Prüfung“ einzuleiten. Die ist Voraussetzung dafür, das Straßenprojekt aus dem Gesetz zu streichen. Wie Gewessler ausführte, dauere solch eine Prüfung im Schnitt zwei Jahre. Man werde sich aber bemühen, möglichst schnell voranzukommen. Dann sei sie optimistisch, dass der Lobautunnel aus dem Gesetz falle.

Gewessler-Vorstoß für ÖVP „inakzeptabel“
Zumindest der aktuelle Koalitionspartner machte aber bereits kurz nach der Pressekonferenz klar, dass er da nicht mitspielen wird. Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger erklärte: „Mit uns als Volkspartei wird es keine Gesetzesänderung zur Streichung des Lobautunnels geben.“ Diese sei niemals Verhandlungsgegenstand und auch nicht Teil des gemeinsamen Regierungsprogramms gewesen. Gewesslers im Alleingang verkündete Absage sei „inakzeptabel“, es habe davor auch keine Gespräche mit dem Koalitionspartner gegeben. Er hoffe, dass die Ministerin wieder auf den Pfad der konstruktiven Zusammenarbeit zurückkehre.

Ärger bei der Wiener SPÖ
Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) zeigte sich ebenfalls verärgert. Während täglich mehr als 230.000 Pkw und jährlich 900.000 Transit-Lkw über die Tangente „durch die Stadt donnern“, spiele die grüne Verkehrsministerin mit ihrer „Pseudo-Prüfung des bereits bestgeprüften Infrastrukturprojekts Österreichs“ auf Zeit. Ziel sei es ganz offensichtlich, die überfällige Entlastung ohne irgendeinen Lösungsansatz zu verzögern, kritisierte Sima. Das Projekt sei seit über 20 Jahren auf Herz und Nieren geprüft worden, es habe auch eine umfangreiche strategische Umweltprüfung für das Umfahrungsprojekt gegeben.

Der Nordteil der S 1 sei längst baureif, beklagte Sima. Sie erinnerte daran, dass die Bauarbeiten bereits heuer hätten anlaufen sollen. Den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern seien bereits sehr hohe Kosten entstanden, betonte sie. „Zudem missachtet Gewessler das vom Nationalrat beschlossene und somit gültige Bundesstraßengesetz“, zeigte sich Sima überzeugt. „Überall in Österreich baut die Verkehrsministerin Straßen und Umfahrungen, nur in Wien nicht.“

Die Wiener Grünen sahen sich hingegen bestätigt: „Wir brauchen die Lobauautobahn nicht, stattdessen muss der öffentliche Verkehr ausgebaut werden. Dafür gibt es schon konkrete Konzepte in der Schublade“, versicherte Mobilitätssprecher Kilian Stark in einer Presseaussendung. Es gebe nun keinen Grund mehr, an dem Projekt festzuhalten. Uneingeschränkte Zustimmung zu den Maßnahmen der Ministerin kam auch von Umweltorganisationen

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