Vatikan-Archivarin

„Man muss als Frau hofieren, das kann ich nicht“

Oberösterreich
03.09.2022 15:00

Der Vatikan? „Eine Männergesellschaft!“, sagt Christine Maria Grafinger. Die Historikerin hütete den Bücherschatz des Papstes. Jetzt ist sie im Stift Lambach zu Gast.

Das Leben im Vatikan ist streng hierarchisch geregelt: Es gleicht in vielem einer absolutistischen Hofhaltung“, sagt Christine Maria Grafinger (69), renommierte Historikerin aus Gmunden.

Leitende Archivarin der Vatikanbibliothek
Sie sagt es ohne Groll, erzählt nur sachlich von ihrer persönlichen Erfahrung. Grafinger war vor ihrer Pensionierung knapp zehn Jahre lang die leitende Archivarin der Vatikanbibliothek. Sie hütete sozusagen den Bücherschatz des Papstes.

„Als Wissenschaftlerin  wie die Made im Speck“
Jeden Tag fuhr sie wie alle 4000 Angestellten des Vatikans von ihrer Wohnung in Rom in den Stadtstaat hinein, nach Dienstschluss ging es wieder nach Hause. „Als Wissenschaftlerin fühlte ich mich wie die Made im Speck.“ Sie konnte 150.000 Handschriften, unzählige alte Bücher und Dokumente erforschen. Aber sie sagt auch: „Als Frau war es schwierig. Es ist eine Männergesellschaft! Man muss hofieren, das kann ich nicht.“ Aber sie hat „das Menschliche eher ausgeblendet. Ich habe mich auf die Arbeit konzentriert“.

Bald zurück nach Rom
Den Papst hat sie in diesen zehn Jahren kaum zu Gesicht bekommen: „Papst Benedikt ist zweimal persönlich zu uns gekommen. Mit Papst Franziskus habe ich einmal nach einer Messe gesprochen.“ Ihn konnte sie mit ihrer langjährigen Fachkompetenz überzeugen, denn sie wurde jetzt ins päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften berufen. Bald bricht sie wieder Richtung Vatikan auf.

In der Pause auf „Schatzsuche“ im Stift
Momentan genießt Grafinger noch eine Pause von der „Männergesellschaft“. Sie betreut Studenten der Universität Augsburg, die in der Bibliothek des Stifts Lambach ein Praktikum absolvieren. Sie sichten den Bestand an alten „Schmökern“ des Benediktinerklosters, das im Jahr 1056 gegründet worden ist. Seither sammelt man Schriften: „Gerade haben wir einen frühen Buchdruck aus 1500 von Sebastian Brandt entdeckt“, ist Grafinger stolz. Davon gibt es drei, vier Exemplare auf der Welt, jedes ist ein paar tausend Euro wert. Die Kostbarkeit wird nun im Stiftstresor gut aufbewahrt.

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