Das Bergwerk zu Falun

Schauspieler am Rande des Nervenzusammenbruchs

Salzburg
07.08.2021 23:30

Wer geglaubt hat, der zwischendurch auch heitere „Jedermann“ wäre alles, was Hugo von Hofmannsthal zum Thema Sterben und Vergänglichkeit einfällt, wurde bei den Salzburger Festspielen eines Besseren belehrt. Sein „Bergwerk zu Falun“, das am Samstag im Landestheater Premiere feierte, thematisiert die Endlichkeit des menschlichen Daseins und die Suche nach dem Lebenssinn, wie es kaum beklemmender geht.

Gut 100 Minuten lang Verzweiflung und Beklemmung. Gut 100 Minuten lang Lebensverdrossenheit in ihrer reinsten Form. Gut 100 Minuten lang Zeit, dem vom Seemann zum Bergmann mutierten Elis zuzusehen, wie er nicht nur in die Tiefe des Berges, sondern vor allem in die Abgründe seiner Seele hinabsteigt - und die anderen Protagonisten am Rande des Nervenzusammenbruchs mit in den Schlund zieht. So muss es sich auch im richtigen Leben anfühlen, wenn ein vertrauter Mensch nicht mehr gegen seinen Lebensekel anzukämpfen vermag und unaufhaltsam der Selbstzerstörung entgegentreibt. 

Düster und nervenaufreibend
„Das Bergwerk zu Falun“ ist keine Festspiel-Premiere, von der man mit positiven Gefühlen nach Hause geht. Zu düster und nervenaufreibend hallt das Gesehene auch nach dem Schlussapplaus nach. Regisseur Jossi Wieler und sein Team (vor allem Bühnenbildnerin Muriel Gerstner und der für die Musik verantwortliche Lars Wittershagen) schaffen auf der Bühne eine bedrückende Atmosphäre - mit Trümmern, die nicht nur reale Zerstörung, sondern vor allem die Seelenqualen der Figuren symbolisieren. Mauersteine, die im Laufe des Abends von den Schauspielern neu aufgebaut werden, nur um sie hernach mit der geballten Gewalt der menschlichen Verzweiflung wieder lautstark einzureißen.

Die stark symbolbehaftete Inszenierung ist bei Jossi Wieler, diesem musikalischen und bildmächtigen Regisseur, in guter Hand. Das Schauspiel-Ensemble Marcel Kohler, André Jung, Hildegard Schmahl, Lea Ruckpaul, Sylvana Krappatsch und Edmund Telgenkämper weiß sowohl in den Monologen als auch im Zusammenspiel zu überzeugen. Die vor der Premiere geäußerte Angst, das Werk könne „zu sperrig“, die Sprache „zu archaisch“ sein, erweist sich ob der Schauspielleistungen als unbegründet.

Emotionales Verzweiflungs-Theater
„Das Bergwerk zu Falun“ ist emotional intensives Verzweiflungs-Theater, das nicht einfach nur eine Geschichte erzählt und beim Publikum der restlichen sechs Vorstellungen (bis 21. August) wohl auf sehr unterschiedliche Reaktionen stoßen wird. Die Premierengäste feierten alle Mitwirkenden. Als „nicht festspieltauglich“ erwies sich lediglich das Salzburger Landestheater, dessen knarzende und zu enge Sitze bei vielen für ähnliche Beklemmungen wie der Theaterstoff sorgten. Gottlob wird es 2022 generalsaniert.

Thomas Manhart
Thomas Manhart
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